24. Sonntag - Lesejahr A (17.09.2023)

EröffnungsversVgl. Sir 36, 18.21-22
Herr, gib Frieden denen, die auf dich hoffen,
und erweise deine Propheten als zuverlässig.
Erhöre das Gebet deiner Diener und deines Volkes.

Ehre sei Gott

Tagesgebet
Gott, du Schöpfer und Lenker aller Dinge, sieh gnädig auf uns.
Gib, dass wir dir mit ganzem Herzen dienen
und die Macht deiner Liebe an uns erfahren.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

 

Erste LesungSir 27, 30 - 28, 7 (27, 33 - 28, 9)

Vergib deinem Nächsten das Unrecht, dann werden dir, wenn du bittest, deine Sünden vergeben

Lesung
aus dem Buch Jesus Sirach.

27, 30Groll und Zorn, auch diese sind Gräuel
und ein sündiger Mann hält an ihnen fest.
28, 1Wer sich rächt, erfährt Rache vom Herrn;
seine Sünden behält er gewiss im Gedächtnis.
2Vergib deinem Nächsten das Unrecht,
dann werden dir, wenn du bittest, deine Sünden vergeben!
3Ein Mensch verharrt gegen einen Menschen im Zorn,
beim Herrn aber sucht er Heilung?
4Mit einem Menschen gleich ihm hat er kein Erbarmen,
aber wegen seiner Sünden bittet er um Verzeihung?
5Er selbst - ein Wesen aus Fleisch, verharrt im Groll.
Wer wird seine Sünden vergeben?
6Denk an das Ende,
lass ab von der Feindschaft,
denk an Untergang und Tod
und bleib den Geboten treu!
7Denk an die Gebote
und grolle dem Nächsten nicht,
denk an den Bund des Höchsten
und übersieh die Fehler!

AntwortpsalmPs 103 (102), 1-2.3-4.9-10.12-13 (Kv: vgl. 8)
Kv Gnädig und barmherzig ist der Herr,GL 657, 3
voll Langmut und reich an Huld. - Kv

1Preise den Herrn, meine Seele, *
und alles in mir seinen heiligen Namen!
2Preise den Herrn, meine Seele, *
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! - (Kv)
3Der dir all deine Schuld vergibt *
und all deine Gebrechen heilt,
4der dein Leben vor dem Untergang rettet *
und dich mit Huld und Erbarmen krönt. - (Kv)
9Er wird nicht immer rechten *
und nicht ewig trägt er nach.
10Er handelt an uns nicht nach unsern Sünden *
und vergilt uns nicht nach unsrer Schuld. - (Kv)
12So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang, *
so weit entfernt er von uns unsere Frevel.
13Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, *
so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten. - Kv

 

Zweite LesungRöm 14, 7-9

Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn

Lesung
aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.

Schwestern und Brüder!
7Keiner von uns lebt sich selber
und keiner stirbt sich selber:
8Leben wir,
so leben wir dem Herrn,
sterben wir,
so sterben wir dem Herrn.
Ob wir leben oder ob wir sterben,
wir gehören dem Herrn.
9Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden,
um Herr zu sein über Tote und Lebende.

Ruf vor dem EvangeliumVers: Joh 13, 34ac
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Ein neues Gebot gebe ich euch:
Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
Halleluja.

Oder:

Dies ist mein Gebot:
Liebet einander, wie ich euch geliebt!

 

Evangelium  Mt 18, 21-35

 

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit
21trat Petrus zu Jesus
und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben,
wenn er gegen mich sündigt?
Bis zu siebenmal?
22Jesus sagte zu ihm:
Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal,
sondern bis zu siebzigmal siebenmal.
23Mit dem Himmelreich
ist es deshalb wie mit einem König,
der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen.
24Als er nun mit der Abrechnung begann,
brachte man einen zu ihm,
der ihm zehntausend Talente schuldig war.
25Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte,
befahl der Herr,
ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß,
zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen.
26Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie
und bat: Hab Geduld mit mir!
Ich werde dir alles zurückzahlen.
27Der Herr des Knechtes hatte Mitleid,
ließ ihn gehen
und schenkte ihm die Schuld.
28Als nun der Knecht hinausging,
traf er einen Mitknecht,
der ihm hundert Denáre schuldig war.
Er packte ihn,
würgte ihn
und sagte: Bezahl, was du schuldig bist!
29Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder
und flehte: Hab Geduld mit mir!
Ich werde es dir zurückzahlen.
30Er aber wollte nicht,
sondern ging weg
und ließ ihn ins Gefängnis werfen,
bis er die Schuld bezahlt habe.
31Als die Mitknechte das sahen,
waren sie sehr betrübt;
sie gingen zu ihrem Herrn
und berichteten ihm alles, was geschehen war.
32Da ließ ihn sein Herr rufen
und sagte zu ihm: Du elender Knecht!
Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen,
weil du mich angefleht hast.
33Hättest nicht auch du
mit deinem Mitknecht
Erbarmen haben müssen,
so wie ich mit dir Erbarmen hatte?
34Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern,
bis er die ganze Schuld bezahlt habe.
35Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln,
wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.

Steigerung des Bösen - Steigerung des Guten

Wir sind wie die andern Diener über das Handeln des undankbaren und bösen Knechts entsetzt.
Aber wir hören eine Geschichte, die uns einen Spiegel vorhalten will.
So könnten wir sein und so sind wir im Umgang miteinander: gnadenlos, eng und kleinlich, hart und unbarmherzig oder großzügig und verständnisvoll.
Die Bilder der Hl. Schrift stellen die Abgründe des menschlichen Herzens dar; sie wollen aufzeigen, wie Menschen miteinander umgehen und wozu sie fähig sind.
Was ist von uns verlangt, damit Unrecht, Rache und neues Unrecht aufhören? Die Frage wird uns immer neu gestellt:
Petrus formuliert das Problem mit den Worten:
"Wie oft muss ich meinem Bruder vergeben?"(Mt 18,21). Wir hören dann das recht eigenartige Wortspiel von "sieben und siebzig Mal". Jesus nimmt Bezug auf eine Stelle im Alten Testament, das von Lamech, einem Nachkommen Kains handelt.
"Lamech sagte zu seinen Frauen: Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, / ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! / Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde / und einen Knaben für eine Strieme.
Wird Kain siebenfach gerächt, / Lamech siebenundsiebzigfach".
(Gen 4,23-24)
Schauen wir noch genauer hin: "Ein Mann für eine Wunde, ein Knabe für eine Strieme"! Es ist eine Maxime, die Angst und Schrecken verbreitet.
Es ist die Geschichte der Gewalt, die Geschichte Kains, der seinen Bruder Abel erschlagen hat, ins Maßlose, fast bis ins Unendliche gesteigert. Wie dies konkret aussieht, bekommen wir fast jeden Tag zu sehen: Zerfetzte Leiber, zerbeulte Autos, heulende Sirenen, blutende, schreiende Menschen. Die Selbstmordanschläge islamistischer Extremisten und die Vergeltungsschläge, die dem Einhalt gebieten sollten, sind die Spur Kains und Lamechs in unseren Tagen.
Da ist die uns von der Bergpredigt bekannte Regel: "Aug um Aug, Zahn um Zahn! "(Mt 5,39) noch harmlos. Sie ist sogar eine wesentliche Mäßigung und Kultivierung der Blutrache.
Trotzdem hat Jesus diese Regel der Wiedervergeltung abgelehnt und wollte sie durch eine ganz neue, ungewohnte, unerhörte ersetzen. "Ich aber sage euch: Leistet dem Bösen keinen Widerstand! Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch noch die linke hin! Wer dich vor Gericht bringen und dir den Leibrock nehmen will, lasse ihm auch noch den Mantel" (Mt5, 40). Die Aufforderung Jesu klingt so paradox, dass sie Widerspruch hervorrufen muss oder einfach ratlos macht.
Vom Inhalt her dürfte es dasselbe meinen wie das rätselhafte Wort "sieben und siebzig Mal" vergeben. Um es noch deutlicher zu sagen:
Wie sich das Böse, wenn es unbedacht und unkontrolliert durchbricht und seinen Lauf nimmt, ins Unendliche steigern und gigantische Ausmaße annehmen kann,
so sieht Jesus auch das Gute, das im Glauben an ihn möglich wird, sich ausbreiten und zu einer alles überragenden Größe werden.
Dem Gebot Jesu, dem Bösen keinen Widerstand zu leisten, könnte man sinngemäß hinzufügen: Weil ihr es nicht nötig habt, euch auf die Ebene des Hasses und der Rache zu begeben. Wenn ihr so erfüllt seid von Liebe und Dankbarkeit, von Glück, hat der Hass in euren Herzen keinen Platz mehr.
Ihr braucht nicht die Mittel, mit denen eure Feinde handeln, anwenden, einfach deshalb weil sie nicht mehr eurer Art entsprechen.
Man kann sich den heiligen Franziskus nicht vorstellen, dass er wild auf die Moslems einschlägt. Er ist es aber, der keine Angst hat, zum Sultan
zu gehen, um dann bei ihm einen tiefen Eindruck zu hinterlassen.
Er war ein anderer geworden, anders als die Kreuzfahrer, die glaubten, mit ihrem Tun Gott einen Dienst zu erweisen.
Es bleibt allerdings die Frage: Wer kann das? Wie werden wir zu den Jüngern, die solches tun? Und herrscht nicht bei den Jüngern Jesu selbst so viel Ungelöstes und Unausgetragenes, dass ihnen einfach die Kraft fehlt, einen wesentlichen Einfluss auf die Strömungen der Zeit zu nehmen?
Beginnen wir einmal bei uns selbst. Wie viel an Überlegungen und Nachdenken verbringen wir damit, um dem, der uns verletzt hat, die Schuld aufzurechnen, einfach deshalb, weil uns das erlittene Unrecht wie eine schwere Wunde anhaftet? Andererseits können wir uns Groll und Vergeltungswünsche nicht einfach ausreißen.
Eine alte Weisheit kann uns da weiterhelfen. Sie lautet: Gefühle werden nicht durch Vernunft und Willen, sondern durch ein stärkeres Gefühl verändert.
Das stärkere Gefühl kommt von der Ecke unseres Gemüts, wo wir wieder froh sind, wo uns die Arbeit leicht von der Hand geht und wo wir gerne auf andere zugehen können.
Um das Gebot Jesu zu erfüllen, gilt es deshalb, uns um die Heilung unseres Herzens zu bemühen, bei uns selbst einzukehren, statt ständig andere verbessern zu wollen.
Deshalb ist es erlaubt und sinnvoll, einmal die Wunden und die Lücken unserer Persönlichkeit anzuschauen.
Dies kann schmervoll sein, ist aber die einzige Möglichkeit, um aus einer verknoteten und verzopften Beziehung herauszukommen.
In dieser Frage sollten wir das, was mit den ersten Jüngern geschehen ist, nicht überspringen. Es geht um das zentrale Thema der frühen Christen, um die Wandlung ihrer Motivationen, ihrer Wertvorstellungen, ihrer Antriebe und Impulse, ihres ganzen Wesens. Man könnte auch sagen: Sie hatten ein völlig neues Lebensgefühl, in dem die alten Mechanismen ihre prägende Kraft verloren hatten. Der neue Zustand wird "wiedergeboren aus Wasser und Geist"(Joh 3,3), "neue Schöpfung"(Gal,6, 25), "Neuheit des Lebens"(Röm 6,4) genannt. Es ist ein neuer Anfang, der auch in jener Sphäre unseres Wesens greift, die uns nicht unmittelbar zugänglich ist, die aber unsere Motivationen bestimmt. Es ist die Ebene des Denkens und Fühlens, auf der das "Verzeihen aus ganzem Herzen" ohne zurückbleibende Reste möglich wird.
Kehren wir noch einmal zu dem rätselhaften Wort "sieben und siebzig Mal" zurück. Wir dürfen an eine Steigerung des Guten denken, welche die Steigerung des Bösen ins Uferlose aufhebt und den Teufelskreis durchbricht. Sie ist nicht Ergebnis einer Belehrung, einfach hin geglaubt, sondern kann selbst erfahren werden und ist konkret wirksam. Sie wird möglich, wenn wir uns auf wie die frühen Christen von der Kraft des Geistes Jesu treffen lassen.

Gabengebet
Herr, nimm die Gebete und Gaben deiner Kirche an;
und was jeder Einzelne
zur Ehre deines Namens darbringt,
das werde allen zum Heil.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Präfation

KommunionversPs 36 (35), 8
Gott, wie köstlich ist deine Huld.
Die Menschen bergen sich im Schatten deiner Flügel.

Oder:Vgl. 1 Kor 10, 16

Der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen,
ist Teilhabe am Blut Christi.
Das Brot, das wir brechen, ist Teilhabe am Leib Christi.

Schlussgebet
Herr, unser Gott, wir danken dir,
dass du uns Anteil
am Leib und Blut Christi gegeben hast.
Lass nicht unser eigenes Streben
Macht über uns gewinnen,
sondern gib, dass die Wirkung dieses Sakramentes
unser Leben bestimmt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.