Ist Gott lanweilig?


Sobald das Wort „Gott" fällt, schalten die meisten ab! Ebenso bei theologischen Begriffen wie Sünde, Schuld, Erlösung. Warum soll ich mich durch den Tod Jesu erlöst fühlen und darüber jubeln?; denken viele.
Und warum sollte Buddha nicht genauso recht haben? Warum der Alleinvertretungsanspruch der Kirche?
Das Hauptproblem scheint zu sein:
Das Reden über Gott bzw.

Gott selbst ist belanglos geworden.
Gewiß weniger auf dem Land, weniger bei älteren Menschen, nicht bei den Treu - gläubigen. Aber mit zunehmender Verstädterung und zunehmender Bildung werden die Werte der christlichen Tradition immer mehr in Frage gestellt! Etwa die Rolle in der Familie.
Dieser Prozeß nimmt zu, und somit müßte man Angst um die Zukunft des Christentums haben! Hat Freud also recht, wenn er sagt, Religion ist eine Kindheitsneurose, welche der Mensch beim Erwachen des eigenen Denkens und Fühlens abwirft?
„Ihre Fragen interessieren mich nicht und Ihre Antworten weiß ich schon", sagte eine junge Frau zu einem Theologen bei einer öffentlichen Diskussion. Dies ist nicht nur die Meinung einer einzelnen, sondern damit ist eine Erscheinung auf breiter Basis ausgesprochen, nämlich das schwindende Interesse am kirchlichen,Denken und  geistigen Leben. Äußeres Zeichen dafür ist nicht nur das Nachlassen des Kirchenbesuchs, sondern auch der Niedergang der katholischen Verlage.

Die üblichen Forderungen

Wenn schon über Religion gesprochen wird, kann man hören: Die Kirche muss ihre Einstellung zur Sexualität ändern!" „Der Zölibat muss aufgehoben werden!" sind zentrale Forderungen auf dem sogenannten Synodalen Weg, Die Frage ist nur: wer soll das tun? Die letztlich Verantwortlichen sind Männer mit einer Ausbildung, in der Gefühle nicht vorkommen, und einer Lebensform, die nicht vom erotisch mächtigen Grund einer Partnerschaft getragen ist. Der immer wieder gehörte Vorwurf lautet: Wie sollen Personen über Inhalt, Bedeutung und Gelingen eines so bedeutenden Grundvollzug menschlicher Existenz wie der Sexualität entscheiden, wenn sie selbst keinen Zugang haben? Doch ist es nicht nur die Lebensform, die in Frage gestellt wird. Es ist die Art, wie die Lehre von Gott, genauer die Botschaft von Jesus vermittelt wird. Dieser Gott ist für immer mehr Menschen uninteressant geworden. Man müsste einmal dahin schauen, inwieweit die Fragen, welche renommierte Theologen bearbeiten,  die Probleme der Menschen von heute sind. Davon hängt ab, so darf man vermuten, welche Bedeutung die Kirche in einer säkularisierten Gesellschaft hat

. Religion Nebensache

Nach einer Umfrage halten 62 Prozent der Deutschen Religion für nicht wichtig. Man kann dafür die moderne Lebenseinstellung der Säkularisierung verantwortlich machen. Wichtiger ist zu schauen, was auf der eigenen Seite schiefläuft. Hier sollte man folgendes beachten: Die Bedeutung einer Sache und noch mehr einer Person drückt sich im Gefühl aus, ob mir jemand sympathisch ist oder nicht, ob mich eine Person, eine Gemeinschaft anzieht oder abstößt. Die Schwierigkeit der kirchlichen Vertreter ist: In der Theologie d.h. in der Ausbildung kommen Gefühle nicht vor. Sie sind kein Thema, über das man reflektiert, noch dass man es konkret einübt. Man bekommt nicht die Befähigung, wie man mit Gefühlen umgeht, wie man zerstörerische auffängt und verändert und aufbauende, bejahende erschließt.

Die eigene Dynamik

Wie lassen sich Gefühle verändern, so dass sie ihre Lebendigkeit und Ausstrahlung nicht verlieren?
Dies ist das Feld der Psychotherapie und der Tiefenpsychologie, welche in der Theologie keine Rolle spielen, im besten Fall als unbedeutend erwähnt werden. Der immer wieder gehörte Vorwurf lautet: die Kirche hat die Beziehung zur Wirklichkeit verloren. Wenn die Leute der Kirche in Massen davonlaufen und bei den Psychotherapeuten Hilfe suchen, dann deshalb, weil sie mit ihrer Not, ihrem Zweifel, ihrer Angst und mit ihrer Lust und Freude das heißt mit ihren Gefühlen ernst genommen werden, weil dies sogar Inhalt der therapeutischen Arbeit ist. Dabei wird nicht auf Belehrung und Ermahnung gesetzt sondern auf unmittelbare Erfahrung, wozu Anleitungen gegeben und Entwicklungen angestoßen werden. Im Bereich der Gefühle, d.h. auf der Beziehungsebene entscheidet sich, ob ich jemand etwas bedeute. Es sind Stimmungen, negative oder positive Emotionen, welche Entscheidungen für oder gegen Menschen, für oder gegen die Kirche, für oder gegen Gott herbeiführen.
Es sollte zu denken geben, dass Ungezählte auf der Suche nach Sinn und Lebensvertiefung sich eher der fernöstlichen Weisheit zuwenden als dem konkreten Christentum, von dem sie enttäuscht kommen oder von dem sie inzwischen auch nur aus den Medien gehört oder. gelesen haben.
Bringt die Liturgie die geforderten Gefühle?
Man kann oft den Einwand hören: In der Liturgie kommen ja Gefühle vor, die liturgische Handlung und gerade die Kirchenlieder wollen gerade ein tieferes Erleben, ein Ergriffensein hervorrufen. Das tun sie aber nur für die, deren religiöses Organ noch nicht verschüttet ist. Dieses muss bei den meisten heute erst geöffnet werden. Es wäre viel gewonnen, würde die seelsorgliche Ausbildung dazu eine Hilfe bieten.

Das überraschende Neuheitsgefühl
bieten. Es sind nicht die gedachten, vorgenommenen Gefühle, die ins Leben eingreifen, sondern nur das, was wirklich erlebt und gespürt wird
Wege für den „normalen" Christen müssen so beschaffen sein, dass sie dort beginnen, wo der einzelne steht. Hier hat Jesus angesetzt. Man kann nicht genug herausstellen, dass es die Begegnungen mit Jesus waren, die Menschen gewandelt haben, nicht durch Belehrung und Ermahnung. Bei der Verkündigung war unmittelbar zu spüren, was mit dem Reich Gottesgemeint ist.. Nach jeder Erzählung heißt es, sie staunten nur noch, sie waren hingerissen, ergriffen, sogar erschrocken. Sie ließen alles liegen und stehen, um in er Nähe Jesu zu sein, vergaßen sogar für das Essen zu sorgen.. Erwähnt sei nur die die bekannte Szene mit dem Zöllner Zachäus(Lk 19, 1-20). Es war die Freude durch seinen Besuch, welche diesen Mann dazu veranlasst hat, von seinem Reichtum zu lassen. Eines sollte in aller Deutlichkeit herausgestellt werden: es ist das Neuheitsgefühl einer dichteren Existenz, eines vertieften und gelingenden Lebens, das Menschen befähigt, ihre Wertvorstellungen zu ändern. Deshalb kann es nur hilfreich sein, nach Anregungen aus den verschiedenen Richtungen der Psychologie und der neuen spirituellen Wegen zu suchen; denn sie befassen sich damit, Menschen in ihrer Motivation zu wandeln.   

 psychische Epidemien                                                                                                                                                                                                               Der Tiefenpsychologe C.G. Jung ,der sich mit sich selbst bis zum letzten Grund auseinandersetzte, um die Probleme der Menschen von heute zu lösen, sagt dazu: Ich bin überzeugt, dass die Erforschung der Seele die Wissenschaft der Zukunft ist...Es wird in der Tat immer klarer, dass nicht Hungersnöte, nicht Erdbeben, nicht Mikroben, nicht Krebs, die größten Gefahren für den Menschen sind, sondern der Mensch selbst... Und warum? Weil es keinen ausreichenden Schutz gegen psychische Epidemien gibt, die unbegrenzt zerstörerischer sind als die schlimmsten Naturkatastrophen. Die psychologischen Erkenntnisse müssten soweit voranschreiten, dass die Menschen sehen können, woher die größte Gefahr kommt." Hier müsste eigentlich die Kraft eines überzeugenden, aus der Tiefe geborenen Christentum einsetzen.

Gott ist innen

Wenn "Gott innen ist", dann hilft alles, was nach innen, das heißt zur Tiefe und Echtheit der Existenz führt, ihn zu finden. Gemeint ist nicht eine folgenlose Innerlichkeit, sondern die Wandlung der Motivation, die Öffnung des inneren Auges für die Wirklichkeit Gottes und für die Nähe und Not der Menschen. Es ist möglich, die "Schwerhörigkeit für Gott" zu überwinden. Es geht um die Sensibilität für das, was echt und authentisch ist. Authentizität wie die des Papstes Johannes XXIII. überzeugt. Sie ist der Einklang von Wort und Emotion, von Überzeugung und Ausdruck, die erlebte Tatsache, dass der ganze Mensch dahinter steht.

G Die frohe Botschaft lautet:
Gott ist dort, wo ich ganz ich selbst bin. Ich darf ganz ich selbst sein. Wenn ich das bin, kann ich auch anderen Menschen am meisten bedeuten, ihnen nahe kommen und ihnen helfen. Die Veränderung, die wir uns wünschen, beginnt nicht mit neuen noch schwereren Anstrengungen. Es ist hilfreicher, sich zu ragen: Was bedrückt mich? Was bereichert mich? Was bringt mich weiter? Damit ist eingeschlossen, dass man der Angst, Trauer und dem Schmerz nicht mehr ausweicht, dass man lernt, den Wert guter, entlastender Gespräche zu schätzen, ebenso den der Stille, die für einen wohltuend werden kann. Die erfahrenen Werte ziehen einen in ihre Richtung immer weiter. Daraus wird ein Prozess, der einen von sich aus weiterbringt, (lat.procedere = voranschreiten), ein innerer Weg, ein Wachstum der gesamten Persönlichkeit. Vom heiligen Franziskus heißt es:
„Die Süße zog ihn weiter und weiter."
Diese Einsicht hatte bereits Nikolaus von Kues. „Gott, wie wirst du dich mir geben, wenn du mich nicht mir selbst gibst? Wenn ich im Schweigen der Betrachtung ruhe, antwortest du mir, Herr, tief in meinem Herzen und sagst: Sei du dein und ich werde dein sein!
Neue Gottsuche:
Kennzeichen einer neuen Gottsuche sind:
Hineinhorchen in sich selbst,
Achtsamkeit für die eigene Seele,
Neugierde, was sich im Innern tut,
Wachwerden für neue Impulse,
Interesse für neue spirituelle Wege.

Wir öffnen dann einen Weg zu Gott, wenn wir und uns gegenseitig in unserem Gefühl, in unserer Not und in unserem Denken und Streben ernst nehmen, und auch die Einwände der sogenannten und wirklichen Außenstehenden. Wir gelangen sogar zu einer tieferen und umfassenderen Gotteserkenntnis und soweit, dass wir die Kritik der Moderne als die Reinigung unseres Gottesbildes sehen lernen.

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