Der Priester zwischen Vereinsvorstand und Zenmeister

Nach  den Missbrauchsskandalen und dem immensen Verlust an Vertrauen und  an Mitgliedern ist eine der wichtigsten Fragen, .wie der Zugang zu den kirchlichen Ämtern, speziell zum Priestertum gestaltet werden soll, das bedeutet  wie das Führungspersonal der Kirche geschult werden soll.  Bei der ganzen Diskussion sollte klar werden, dass es nicht um  eine Minderung von edlen Idealen geht, sondern um die Werte, die dem Evangelium entsprechen und heute gefordert sind. Diese müssten Priorität erhalten gegenüber Tradition und gesetzlichen Vorschriften.

Die Anforderungen heute.

 Auf der Versammlung des Synodalen Weges wurde heftig darüber gestritten, ob es überhaupt ein besonderes Priestertum braucht, weil ja alle Getauften priesterliche Menschen seien. Vor allem müsse die Verbindung zwischen Weihe und Macht d.h. Leitungsbefugnis abgebaut werden. Gegner dieser Meinung sagen:  Der Pfarrer wäre dann nicht mehr  als ein Vereinsvorstand mit theologischer  Ausbildung.  Das Amt des Priesters, des  Seelsorger und Gemeindeleiters/ Pfarrers verlangt heute besonders hohe Qualifizierung, weil das bloße Ausüben der traditionellen, vorgegebenen Rolle nicht mehr genügt und nicht mehr möglich ist. Ein Verkündiger des Evangeliums, ob Laie oder Priester ist wie in einer heidnischen Umgebung darauf  angewiesen, was er selbst darstellt. Er ist sein eigenes Instrument. Nicht mehr die Rolle  als Vertreter Gottes und der Kirche  zählt, sondern seine ganz persönliche Überzeugung,  er  selbst als Mensch, inwieweit er vom Geist Christi  durchdrungen ist.

                                                                                                                                          Spirituelle  Suche außerhalb

Da ist als erstes die spirituelle  Suche zu nennen, mit ihr die geistige Desorientiertheit  welche gerade durch die Überflutung der sozialen Medien verstärkt wird. Damit verbunden ist die Beziehungslosigkeit, die Vereinsamung und Heimatlosigkeit der Menschen unserer Tage. Nach  traditionellem Verständnis hat der Priester eine dreifache Aufgabe: die Verkündigung des Wortes Gottes (martyria), das sakrale Heilshandeln, (leiturgia) und  den Aufbau bzw.die  Leitung der Gemeinde(diakonia).  Die Frage ist, wie diese Aufgaben ausgeführt werden, um dem Auftrag Christi und  der Not und den Anfragen der Menschen unserer Tage gerecht zu werden.                                                                                                                                                                                                                                                              Beginnen wir mit der spirituellen Suche und der Aufgabe des „sakralen Heilshandelns"(leiturgia).[1]Weil die Tradition mit ihren Überzeugungen für den größten Teil der Bevölkerung  nicht mehr trägt, muss sich der verlorene  Seinsgrund  als Seelengrund  wieder ganz neu auftun. Mit anderen Worten: Zuerst muss das Organ für Gott geweckt werden, bevor man über Gott spricht oder " die Botschaft verkündet."  Wie kann es  geweckt werden? Es geht primär um die Erfahrung des Religiösen, des Numinosen als transzendierende psychische Kraft.,dann erst sekundär um die Vermittlung von Glaubensinhalten. Der Psychiater und Tiefenpsychologe C.G.Jung sah sich schon vor hundert Jahren mit Problemen konfrontiert, die eigentlich dem Theologen angehören. Seine Patienten fragten, ob er ihnen den Sinn des Lebens sagen könne. „Sie fühlen samt und sonders, dass unsere religiösen Wahrheiten irgendwie hohl geworden sind... Man fühlt sich durch den Tod Christi nicht mehr erlöst."[                      2]Wie aktuell die Sehnsucht nach spiritueller Tiefe  ist, zeigt die Tatsache, dass Ungezählte nach Indien, Japan, Thailand  oder ein anderes asiatisches Land strömen, um dort  in einem Ashram  Einkehr zu halten oder an einem Sesshin teilzunehmen. Man sucht Religion pur, die bei uns als überholt gilt , den Suchenden zu verflacht erscheint. Dazu  sei hingewiesen auf den Ansturm auf Zen-Kurse, die  unmittelbar nach Erscheinen des Programms ausgebucht sind und entsprechend lange Wartelisten haben.    Auf diesem Hintergrund  ist  das Amt des Priesters durchaus mit der Aufgabe und Wirken eines Zenmeisters vergleichbar, der den  Menschen von heute die gesuchte spirituelle Erfahrung  erschließt. Voraussetzung ist dessen eigene  spirituelle Tiefe und entsprechende Sensibilität für innere Vorgänge. Für die Eignung als  Priester wäre eine solche spirituelle Kompetenz nicht nur wünschenswert, vielmehr sogar gefordert, wenn er die existentielle und spirituelle Qualität des Evangeliums d.h. Jesu und der ersten Jünger vermitteln will. Denn  man darf annehmen, dass das spirituelle Niveau, das Jesus vertritt, nicht hinter dem  eines   Zenmeisters zurückbleibt.Der Kern der Verkündigung Jesu liegt nicht in den Worten als solchen, sondern in der Atmosphäre, nicht nur  auf der Inhaltsebene, mehr noch  auf der Beziehungsebene. Ein dermaßen qualifizierter Priester  würde als Zelebrant eine Atmosphäre schaffen, die Ergriffenheit auslöst und der Feier der Eucharistie Würde, Achtung und Anziehung verleiht,  die dem Leben  tieferen Sinn verleiht und im Alltag weiterwirkt.                                                                                                                                                 Suche nach Nähe- gegen Vereinzelung und Vereinsamung

Als  Gemeindeleiter (Koinonia-Diakonia) trägt der Priester die Verantwortung für die Organisation, Verwaltung, für die Vertretung nach außen und für den inneren Aufbau und Zusammenhalt. Eine christliche Gemeinde sollte das heilende Mittel gegen  Beziehungslosigkeit, Vereinsamung und Heimatlosigkeit sein. Verlangt wird  die Fähigkeit, aus der Vereinzelung herauszuführen, lebendige Gruppen und Gemeinden aufzubauen  und erfolgreich zu leiten. Dazu  braucht es eine feste Identität, spirituelle Kraft und Ausstrahlung, die Suchende anzieht,  eine  geistige Weite, die Kritische und Andersdenkende verstehen kann. Wo immer das Evangelium verkündet und von der  Liebe Gottes gesprochen wird, müsste diese unmittelbar spürbar sein als eine Atmosphäre, wo man sich sich absolut  bejaht fühlt, wo  alte Lasten und Behinderungen  abfallen, wo man offen auch über Sorgen, Nöte und Scheitern reden kann,wo neue Reaktionen auf alte Probleme aufkommen, .wo  dem einzelnen die Freiheit gelassen wird, so zu sein, wie er ist, wo neue erfüllende Beziehungen erwachen[3 So war es bei Jesus und nach der Sendung des Geistes bei seinen Jüngern. Auf diese Weise   würde  ein Verkündiger dem nahe kommen, was Jesus mit dem Reich Gottes gemeint hat. Man muss allerdings dazu sagen: Dieses Idealbild ist nur in Kleingruppen möglich, ob man sie Arbeitskreise, Bibelseminare oder Gebetskreise nennt, nicht aber in einer kirchlichen Groß-Gemeinde. Dazu ein Gebet von Huub Osterhuise, das das Anliegen gut wiedergibt: "Von Mensch zu Mensch mögen wir :gleichen , dass unser Leben miteinanderdein Dasein zeige und deine Gnade widerspiegle, wie er getan hat.." :  

                                                                                                                      Die Einstellung des Psychotherapeuten

Im Neuen Testament ist es das Wirken des Hl.Geistes, die Kraft von oben, welche die Jünger zu überzeugenden Verkündigern macht und zu außerordentlichen Taten befähigt. Es lohnt sich,  die  Einstellung, die von einem  Psychotherapeuten  gefordert wird, damit ziu vergleichen. Sie hat  verschiedene Bezeichnungen, meint  aber doch eine Gesinnung, die  aus der Sicht des Evangeliums äußerst bemerkenswert ist. Carl Rogers verlangt von einem Psychotherapeuten „bedingungslose, positive  Wertschätzung, einfühlendes Verstehen, absolute Authentizität und aufrichtige Echtheit. Sigmund Freud ist der Meinung, ein Psychoanalytiker müsse den Menschen mit Barmherzigkeit  betrachten, Carl Gustav Jung spricht von Fühlungnahme mit der Seele des Patienten, die nur durch  vorurteilslose  Objektivität zustande kommt.[4]  Hier geht es nicht um irgendwelche undurchschaubare Techniken von Experten, sondern eigentlich „nur" um mit letzter Konsequenz praktizierte Nächstenliebe. Es ist das Grund legende Bedürfnis jedes Menschen, mit allem, wie man ist, geachtet und ernst genommen zu werden.Was spricht eigentlich dagegen, dass die für den Psychotherapeuten geforderte Einstellung Auftrag und Chance des Evangeliums ist und dies von einem Priester und von jedem Seelsorger, ob Mann oder Frau, gefordert werden müsste?                                                                         

                                                                                       Wie kommt ein Kandidat dahin?  Mit oder ohne Zölibat, als Mann oder als  Frau?

Nun ist bedingungslose Wertschätzung nicht Sache des guten Willens und eifrigen Bemühens  allein. Wertschätzung das heißt Nächstenliebe ist nur dann echt und heilend, wenn sie ganz aus dem Innersten kommt, aus dem Bereich, der nicht unmittelbar vom Willen beherrscht wird. Dazu bedarf es einer inneren Entwicklung, eines Wachstums zum größeren Umfang der Persönlichkeit.  Deshalb gehört zur  Ausbildung eines Psychotherapeuten die eigene Psychoanalyse oder eine andere, ihr  entsprechende Form der Selbsterfahrung. Es geht um  die Korrektur des Rahmens des Denkens, des Erlebens, des Wahrnehmens der Interessen und Werte,  der einem durch Herkunft, Erziehung, Bildung und Arbeitswelt vorgegeben sind, aber die Fülle der Gnade und des Lebens verengen und verschließen.. Erst auf diese Weise kann die  Fähigkeit  der bedingungslosen Wertschätzung erworben werden.  Im Grunde  braucht es  das Interesse an sich selbst, die Chance wahrzunehmen, dass man sich weiterentwickeln kann. In der neuen spirituellen Literatur ist der Begriff  „Innerer Weg" gebräuchlich. Darauf weisen  Träume von „unterwegs sein" hin.   In der humanistischen Psychologie spricht man von persönlichem Wachstum.  Man darf an die Gleichnisse vom  Sämann, vom Senfkorn, von der wachsenden Saat  (Mt13,3-32)denken, in denen das innere Wachstum veranschaulicht wird. In der Tiefenpsychologie C.G.Jungs steht der Begriff  Individuation im Mittelpunkt. Es geht um  mehr als um  die Wiederherstellung des Normalzustandes, es geht  um die Entwicklung zum größeren Umfang der Persönlichkeit.. Konkret heißt das:                                                         Welche Menschen kann ich von innen her bewusst bejahen? Nur  die, welche  derselben Meinung sind und auf derselben Seite stehen oder auch solche, die anders denken, eine total andere Geschichte und Wertvorstellungen haben ? Der größere Umfang der Persönlichkeit meint: der Umfang der Menschen, die ich verstehen und annehmen kann, erweitert sich. 

                                                                                                                          Anruf und Aufbruch

Wegen der Eigentätigkeit  und Eigendynamik des Unbewussten kann der Prozess des inneren Weges  nicht wie ein Studienprogramm begonnen und durchgezogen werden. Die gute Absicht und der Gehorsam können es nicht leisten. Dazu  bedarf es einer Einstiegserfahrung; die nicht willentlich  herbeigeführt werden kann. Wohl aber kann man sich als Suchender dafür sensibilisieren und bereit halten.  Es ist ein Ereig­nis, das einem widerfährt. Die viel genannte Berufung zum Priester würde dem entsprechen.Vom Inhalt her ist es wie ein Aufbruch in ein unbekanntes Land,  in dem eine neue Dimension des Daseins, sogar  eine neue Welt aufgeht.       Als erstes wird man seinem Schatten begegnen. Gemeint ist der  Teil der Persönlichkeit, der Antriebe und Möglichkeiten, die wir in unseren bisherigen Lebensentscheidungen ausgeschlossen haben..:  Er ist der dunkle, nicht kultivierte Bereich der Seele, welcher  der jeweiligen bewussten Einstellung entgegengesetzt ist.  Wenn er nicht berücksichtigt und bearbeitet wird, führt er sein Eigendasein, mischt  in allem mit, vereitelt das Gelingen von Beziehungen, sogar der Arbeit.   Gerade für den Beruf des Priesters, der sich für den Zölibat und für den Gehorsam entschieden hat, heißt das: Was ist mit den Gefühlen, sind sie eingetrocknet, erstarrt und kommen  sie erst unter Druck hervor, dann äußerst negativ?                                                   Der Schatten zeigt sich im Traum in Figuren, die gerade im Gegensatz zu  den offiziellen guten Idealen stehen. Ein Mann  in guter gesellschaftlicher Position träumt von Obdachlosen. Jemand  hat das Gelübde der Keuschheit abgelegt und träumt von Prostituierten. Der/die Träumer/in muss sich eingestehen: Das bin ich auch! Dies macht demütig und bereit, sich auf Neues einzulassen.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Die Frau im Mann - der Mann in der Frau

Besonders wichtig  ist in diesem Zusammenhang die Frage, welcher Schatten entsteht, wenn ein Mensch, Mann oder Frau auf eine menschliche, erotische, partnerschaftliche Liebe verzichtet.Mann und Frau sind von ihrem Wesen aufeinander bezogen. Sie sind sich gegenseitig  »Ergänzung«, das heißt »Ganzheit«. Ein Mann ohne Frau, eine Frau ohne Mann ist nur ein halber Mensch. Erst die Liebe der beiden macht die Ganzheit, den ganzen Menschen aus.Der Tiefenpsychologie C.G.Jung sieht das so: Im Mann lebt auch die Frau, in der Frau auch der Mann. Er nennt sie Anima, beziehungsweise Animus. Dass sich ein Mann und eine Frau anziehend finden, hat mit der Frau im Mann beziehungsweise mit dem Mann in der Frau zu tun. Damit auch der/die  Zölibatäre die Ganzheit erlangt, muss er/sie die Frau bzw.den Mann in sich heiraten. Ein Mann  muss es lernen, eigene, tiefere Gefühle zuzulassen. Es geht aber kaum ohne die Begegnung mit einem konkreten Menschen des  anderen Geschlechts.                                                  .                                                                   Der Schatten des Zölibats

Wenn diese Auseinandersetzung und Integration nicht geschieht,  dann übernimmt der Schatten die Herrschaft über einen wesentlichen Teil der Persönlichkeit.Die Psychotherapeutin Hanna Wolf sieht die Problematik eines solchen Mannes so:„Der Mann, der seinen gegengeschlechtlichen Seelenanteil nicht integriert hat, wird selbst unbewusst von diesem regiert, eben darum verhält er sich faktisch, trotz aller betont männlichen Fassade, wie ein primitives Weib, nämlich launisch, empfindlich, nervös, gereizt, unkontrolliert, oft in Wut und Ärger...  Speziell das Denken dieses Mannes, egozentrisch im Prinzip, ist von keinem weiblichen Gefühlsmoment befruchtet, darum ist er nur intellektualistisch, formal, lebensfern, grundsatzverhaftet und schließlich ideologieversessen. Er ist gefühlsarm, verletzend und entspre­chend wertblind. «[5]Die Therapeutin hat keinen besonderen Berufsstand im Auge, aber man kann  in diesen Aussagen eine vielfach geäußerte Kritik an  klerikalen Personen erkennen.  Man darf wohl vom Schatten des durchgehaltenen, nicht gebrochenen   Zölibats sprechen. Das bedeutet aber auch, dass die  oft sogar mit Begeisterung vorgezeigte Bereitschaft für die Ehelosigkeit als das große Opfer des Lebens noch nichts über die affektive Reife eines  jungen Mannes aussagt. Gerade die Begeisterung sollte vorsichtig machen; denn das kann bedeuten, dass der Kandidat keinen Kontakt mit seinem Schatten hat. Dieser wird sich offenbaren und viel Unheil mit anderen und mit ihm,  wenn der jugendliche Schwung erlahmt  und die Enttäuschungen des Berufes überwiegen. Unter diesem Aspekt darf man die Missbrauchsfälle betrachten, ebenso  das Schicksal von vielen Priestern, die wegen des Zölibatsgesetzes ihren Beruf aufgeben müssen.                                                                                        Der Sinn dieser Lebensweise muss daran gemessen werden, ob christliche Existenz, das heißt  die Nachfolge Christi gelingt. Deren höchste Norm ist die Liebe. Dabei sind nicht nur äußere Werke wie Sorge für die Amen gemeint, sondern die Begegnung von Mensch zu Mensch und insbesondere von Mann und Frau. Es wäre verkehrt, den edlen und heroischen Einsatz für andere zu vergessen oder gar zu entwerten.  Aber die Not, unter welcher heute Menschen leiden,  sind nicht nur die fehlenden materiellen Hilfen, die auch eine gute Sozialpolitik leisten kann.                                                                                            Es ist vielmehr der Mangel an einer  Atmosphäre, in der man sich geborgen und beheimatet fühlt, wo man willkommen ist, wo man frei und offen aufeinander zugeht und gerne mit einander ins Gespräch kommt, wo Vertrauen und Verstehen wie selbstverständlich spürbar sind. Eine solche Atmosphäre kann  nicht durch Verordnung, nicht durch Ermahnung  und  nicht mit gutem Willen allein hergestellt werden. Sie ist ja wesentlich von Gefühlen bestimmt, welche eine  eigene Dynamik haben. Gefühle sind nicht unmittelbar lenkbar, aber es ist möglich, auf sie Einfluss zu nehmen. Dies geschieht in einer therapeutischen Sitzung und in jeder tieferen, existentiellen Erfahrung  gerade der spirituellen Praxis. So ist die tägliche Übung des Sitzens in absoluter Stille und Unbeweglichkeit  ein wesentlicher Beitrag. Es öffnet sich  ein  spiritueller und existentieller Raum, in welchem die Gefühlsseite leben und sich entfalten kann. Damit kann eine freiwillig,  bewusst angenommene Ehelosigkeit ihren vollen Sinn erhalten.  Es gibt Begegnungen zwischen Männern  und Frauen auf der spirituellen Ebene, die ergreifend einander nahe kommen, aber keinem erotischen Charakter erliegen. Erwähnt seien der hl. Franziskus und die hl. Klara,  Franz von Sales und Francoise von Chantal und manch  andere Gestalten der christlichen Geschichte.                                                                                                                              Priesterweihe nicht unter 35 

Die Schwierigkeit liegt darin, dass es eine innere Entwicklung wie die des inneren Weges  nicht  mit dem Lebensalter und dem Ablauf des Studiums festzulegen ist. Sie ergibt sich erst durch das gelebte Leben, durch Begegnungen und Verwicklungen mit ihren Höhen und Tiefen, mit ihren  Sackgassen und  Rettungsvorgängen. Dazu braucht es  Zeit. Unter diesen Voraussetzungen sollte  die Priesterweihe nicht unter 35 gespendet werden. Es dürfte doch wohl der Würde und dem Sinn des Sakramentes eher entsprechen, wenn ein Kandidat den beschriebenen Prozess vor dem  Empfang der Weihe durchmacht als dass er im vollen Amt von ihm das heißt von aufbrechenden, unbearbeiteten Problemen überfallen wird.Wer immer dieses Amt ausüben will, sollte befähigt sein, die Atmosphäre Jesu für Menschen von heute zu erschließen. Dies ist nur möglich, wenn er/sie selbst den Weg der spirituellen und therapeutischen Selbsterfahrung geht und eine Entwicklung durchmacht, die geprägt ist von einem ganzheitlichen Glauben in der Nachfolge Christi. Als Entscheidung für die Weihe sollten deshalb das spirituelle Niveau und die Fähigkeit zur bedingungslosen positiven Wertschätzung und  zu einfühlendem Verstehen gelten. Dies in voller  Authentizität.  Altgewohnte Begriffe sind dafür  erworbene und bewiesene  menschliche Reife, seelsorgliche Kompetenz und spirituelle Ausstrahlung.[6]Dies würde   dem Anspruch des Evangeliums entsprechen und müsste das letzte Kriterium für die Zulassung zur Priesterweihe sein, ganz gleich ob unverheiratet oder verheiratet, ob Mann oder Frau. Die Verpflichtung zur Ehelosigkeit  würde ihren  Stellenwert  als  Kriterium der Auswahl und die Debatte darüber würde ihre Schärfe verlieren. Damit könnten jene beruhigt sein, die in der Abschaffung des Pflichtzölibats einen großen Verlust sehen, als ob der Kirche ein Kronjuwel genommen würde.Mit den genannten Vorschlägen werden die Forderungen  gerade im Sinne desEvangeliums erhöht. Dies bedeutet höchster Anspruch und Freiheit zugleich,  Im letzen geht es um die Nachfolge Christi, welche keine zusätzliche Last, sondern die größte Chance der Lebensgestaltung in sich birgt.

Zusammenfassung

Ich möchte zusammenfassen worum es mir geht, wenn der Beruf des Priesters in der modernen Gesellschaft eine Bedeutung haben soll. Im theologischen Denken wie in der Ausbildung müssten die Ansätze der Psychotherapie, der humanistischen Psychologie  wie der Tiefenpsychologie integriert sein. Warum soll eine Psychoanalyse oder eine gleichwertige Selbsterfahrung, die für jeden Psychotherapeuten gefordert ist, nicht auch für jeden  gelten, der das Evangelium verkünden und sogar Christus vertreten will.?                                                                                                    Psychoanalyse ist nichts anderes als die innere Reinigung von verkehrten Einstellungen.und die Befähigung zur bedingungslosen Wertschätzung.Darüber habe ich in meinem neuen Buch „Die Umkehr, die alle fordern und niemand will".und in dem vorausgehenden „Die Verwaltung des Untergangs" Münsterschwarzach 2017  einiges gesagt.Es geht um den ehrlichen Blick in das eigene Herz, psychologisch um Bewusstwerdung des Unbewussten. IM Evangelium ist von „Umkehr", von Wandlung die Rede. 2.In der absoluten Stille der Zen-Praxis erholt sich das Religiöse als Erfahrung, welche den Leib mit einbezieht und die Persönlichkeit verändert. Die Vertikale der Existenz , das Betroffen-sein tritt in den Vordergrund und wirkt.Die Motivationen und Interessen werden anders, Menschen wandeln sich von innen her, von selbst, was über Appelle und selbst guten Willen nicht geschieht.Die Grundfrage der Kirche ist heute:                                                                                                       Wie werden Menschen wieder religiös?                                                                                                                                                                                                                                                           Sonst bleibt nichts als eine humanitäre, philosophische Gesellschaft  die mit ihren moralischen Appellen kaum etwas erreicht und schon längst unglaubwürdig geworden ist.  Ich praktiziere auf dieser Grundlage meine Seelsorge seit 44 Jahren  mit dem Ergebnis:a)    Es kann jeder kommen, ob gläubig oder nichtgläubig.b)    Es geschieht echte Veränderung bzw. Besserung, Bewältigung  von tief liegenden Konflikten.c)    Menschen finden Sinn für ihr Leben und zum Glauben, weil sie den Wert des Religiösen für ihr Leben wieder entdeckt haben.Unter diesen Voraussetzungen ist es dann unerheblich, ob sich jemand als unverheiratet oder verheiratet, als Mann oder als  Frau für diesen Beruf bewirbt.So ist es im Zen. Es gibt Zen-Meisterinnen wie Zen-Meister, entscheidend ist die Qualifizierung.Bei der Diskussion um die priesterliche Lebensweise müsste diese Denkweise um sich greifen, wenn ein haltbares, nachhaltiges Ergebnis zustande kommen soll. Wer immer in diesem Sinn den Beruf vertritt, braucht sich um seine  Bedeutung  in der modernen Gesellschaft keine Sorgen zu machen.Leider ist Psychotherapie seit Drewermann ein Tabuthema, ebenso abschätzig wird die Praxis des Zen vielfach betrachtet, zumindest sind die meisten Theologen der Meinung, dass man sich um diese Ansätze nicht zu kümmern braeuchte. Man hat die Quellen, aus denen die wertvollsten Impulse kommen, ignoriert und tabuisiert.

 

[1] LTHK, Artikel Priesterliche Spiritualität

[2] C.G.Jung,GWBd11,365

[3] LTHK Art. Gottesliebe

[4] C.G. Jung GW Bd 11,367

[5] Hanna Wolf, Jesus, der Mann, Stuttgart 1975

[6] LTHK Art .PriesterseminarArray