22. Sonntag - A  (03.09.2023)

ERÖFFNUNGSVERS Ps 86 (85), 3.5
Sei mir gnädig, o Herr. Den ganzen Tag rufe ich zu dir.
Herr, du bist gütig und bereit, zu verzeihen;
für alle, die zu dir rufen, reich an Gnade.

Ehre sei Gott


TAGESGEBET

Allmächtiger Gott,
von dir kommt alles Gute.
Pflanze in unser Herz
die Liebe zu deinem Namen ein.
Binde uns immer mehr an dich,
damit in uns wächst, was gut und heilig ist.
Wache über uns und erhalte, was du gewirkt hast.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

1. Lesung (Jer 20, 7 - 9)

Du hast mich betört, o Herr, / und ich ließ mich betören; / du hast mich gepackt und überwältigt. Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag, / ein jeder verhöhnt mich.
8 Ja, sooft ich rede, muss ich schreien, / «Gewalt und Unterdrückung!», muss ich rufen. Denn das Wort des Herrn bringt mir / den ganzen Tag nur Spott und Hohn.
9 Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken / und nicht mehr in seinem Namen sprechen!, so war es mir, als brenne in meinem Herzen ein Feuer, / eingeschlossen in meinem Innern. Ich quälte mich es auszuhalten / und konnte nicht.

2. Lesung (Röm 12, 1 - 2)

Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst.
2 Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.

Evangelium (Mt 16,21-27)

Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären, er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden; er werde getötet werden, aber am dritten Tag werde er auferstehen.
22 Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!
23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.
26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?
27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen.
28 Amen, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie den Menschensohn in seiner königlichen Macht kommen sehen.

Der gut gemeinte Ratschlag

In den Berichten der Evangelien wird den Lesern einiges zugemutet. Im vorausgehenden Abschnitt, der am letzten Sonntag verlesen wurde, preist Jesus den Petrus selig und ernennt ihn zum Fels seiner Kirche, heute heißt er ihn Satan. Dabei ist der Einwand des Petrus aus dessen Sicht verständlich. Warum sollte Jesus nach Jerusalem gehen und sich einem solchen Schicksal aussetzen? Wir können die scharfe Reaktion Jesu nicht ohne weiteres nachvollziehen. In der traditionellen Unterweisung wurde uns gesagt: Es war der Wille des Vaters im Himmel, dass er diesen Weg gehen musste. Damit aber beginnen bei vielen schon die Zweifel.
Der grausame Vater-Gott

Bei einer Fernsehdiskussion zum Thema "Gott" erklärte einer der Teilnehmer, er sei deshalb aus der Kirche ausgetreten, weil er nicht an einen Gott glauben könne, der so Schreckliches wie den grausamen Tod seines Sohnes wolle. Kein Vater würde sein Kind einem solchen Schicksal überlassen, wenn es möglich wäre. Da verweigert der himmlische Vater, dessen Güte immer verkündet wird, dem Sohn die Bitte, ihn vor dem Grauen einer römischen Kreuzigung zu retten. Ein solcher Gott sei für ihn unzumutbar.
Es ist für die Jünger von damals wie für von heute ein Rätsel, warum Jesus nach Jerusalem gehen und sich einem solchen Schicksal aussetzen sollte. Der Einwand des Petrus ist verständlich. Wir können die scharfe Reaktion Jesu nicht ohne weiteres nachvollziehen. Kritiker sagen, mit der Botschaft vom Kreuz habe man den Menschen schwere Lasten auferlegt, die eher das Leben verdüstern als erlösen.
Nur Missverständnisse?                                                                                                                                                                                                                                                                                Zunächst braucht es eine Erklärung für das so häufig von Jesus gebrauchte Wort „Vater". Wir sollten einmal alle Vorstellungen von einem Vater, wie wir ihn kennen, beiseite lassen.
Um Jesus zu verstehen, kann uns die Erfahrung der Mystiker weiterhelfen. Sie sprechen von einem Bereich ihrer Seele, mit dem sie zutiefst mit Gott verbunden sind. Sie nennen ihn Seelenfunke, Seelengrund, Urgrund oder Ungrund. .
Wenn Jesus zum "Vater" betet oder um den Willen des Vaters ringt, ist er an den Bereich seiner Seele angeschlossen, in dem Gott unmittelbar spürbar ist. Die Bezeichnungen der Mystiker würden hier zutreffen. Hier ist auch sein wahres Wesen. Nicht umsonst beten wir im Credo: "Jesus, der Sohn Gottes, ist eines Wesens mit dem Vater".
Beim Gebet taucht Jesus in diesen Bereich ein, dort wo er ganz er selbst ist, aus dem er dann neu gestärkt, mit voller Energie hervorgeht. Was dies bedeutet, wird am anschaulichsten bei der Verklärung auf dem Berg geschildert. „Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne" Mt17,2). Von Mystikern wird Ähnliches berichtet.
Wenn Jesus mit dem Vater, mit dem Urgrund eins wird, ist dies höchstes,unbeschreibliches Erleben, das Ziel und die Wahrheit seines Lebens. Es ist zugleich die innere Stimme, das Gespür für das Richtige, die Perspektive, aus der heraus er sein Leben gestaltet. Alles dreht sich um diesen einen Punkt seiner innersten Bestimmung, der er folgen muss und die Schweres verlangen kann.
Noch einmal: "Der Wille des Vaters" ist nicht eine von außen kommende despotische Macht, der er sich zu unterwerfen hat, sondern sein Ureigenstes.
An der angegebenen Stelle sagt ihm die innere Stimme, er müsse nach Jerusalem gehen und sich der Öffentlichkeit stellen. Seine Sendung geht an das ganze Volk, dessen Vertreter die Hohenpriester und Schriftgelehrten sind. Er muss nicht das Leiden suchen, sondern der Wahrheit seines Lebens, seiner Sendung treu bleiben.
Die Entscheidung  Dietrich Bonhoeffers

Dazu kann man eine Parallele im Schicksal des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer sehen. Er war 1939 in New York zu Vorträgen eingeladen. Ihm selbst und seinen Freunden war klar, dass die politische Entwicklung auf einen Krieg zusteuerte. Man bot ihm einen Lehrstuhl an. Er hätte in New York bleiben können und wäre in Sicherheit gewesen. Seine innere Stimme sagte aber, er müsse nach Deutschland zurückkehren und bei den schicksalhaften Auseinandersetzungen mit dabei sein. Er dürfe sich der harten Realität nicht entziehen. In dieser angespannten Situation dürfe er seine Brüder in Deutschland nicht allein lassen. Er hat es mit seinem Leben bezahlt. Genau darin hat er seine wahre Größe gefunden und ist zum Licht in der dunkelsten Geschichte unseres Landes geworden. Niemand wird behaupten, ein grausamer Gott habe seine Hinrichtung gewollt.
Auf diesem Hintergrund dürfen wir die unbeugsame Absicht Jesu sehen, nach Jerusalem zu gehen. Petrus könnte im Falle Bonhoeffer die Rolle seiner wohlwollenden Freunde in New York einnehmen. Eines sollte noch deutlicher werden: Jesus hat andere Prioritäten als die Menschen, die er antrifft. Für ihn bedeutet die Treue zu seinem wahren Wesen mehr als der äußere Erfolg. Er weiß um die möglichen Konsequenzen und um den Wert des Prozesses, der zur letzten Vollendung führt. Diese Überzeugung steht hinter der Warnung, nicht auf äußeren Gewinn zu setzen. "Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?"(Mt 16, 26).
Der äußere oder der innere Gewinn Bei allem, was wir unternehmen, fragen wir gewöhnlich: Was kommt dabei heraus? Noch wichtiger ist es aber zu fragen: Was kommt dabei herein? Das erste meint ein Ergebnis, das man vorzeigen kann, womit man Anerkennung findet, einen Gewinn, der sich in Zahlen ausdrückt. Das zweite aber umfasst den inneren Zustand, die Qualität unseres Daseins. Es gilt nicht nur zu fragen: Was mache ich in meinem Beruf, in der Familie, in der Öffentlichkeit? Sondern noch mehr: Was macht der Beruf, die Familie, die Öffentlichkeit mit mir? Bin ich in all den Jahren gütiger, toleranter, weitherziger, umsichtiger, erfüllter und zufriedener geworden oder enger, getriebener, unruhiger, enttäuschter, verbittert? Eine zentrale Frage könnte lauten: Wie steht es mit den Personen, die mir einmal am nächsten waren? Wem bedeute ich wirklich etwas? Man kann bei genauerem Hinschauen bei vielen entdecken, wie sie bei allem Erfolg, Wohlstand und Reichtum im Innersten doch unglücklich sind. Dazu braucht man nur die Seite der Prominenten in der Zeitung aufzuschlagen. Jesus legt allen Wert auf eine Einstellung, welche das Unglücklich sein nicht mehr zulässt. Es geht ihm darum, dass wir an all den Widerständen, die uns begegnen, auch am Misserfolg und Scheitern wachsen, sogar über uns hinaus.

Der Wirklichkeit ins Auge schauen
Unter diesem Aspekt ist sein häufig falsch verstandenes Wort vom "Kreuz auf sich nehmen" eher zu begreifen. Es kann nicht gemeint sein, dass man immer das Schwerere vorziehen muss, dass man sich nicht wehren und an nichts Freude haben darf. Es geht vielmehr darum, der Wahrheit seines Lebens ins Auge zu schauen, den Problemen nicht auszuweichen, die Tatsache auf sich wirken lassen, dass unsere Pläne und Erwartungen durchkreuzt werden. Dann aber wachsen uns neue Einsichten, neue Überzeugungen und neue Kräfte zu.
Noch einmal: Wir müssen nicht das Leid suchen, sondern die Wahrheit, das, was unser Dasein echter macht. Die Belohnung wird uns von selbst zukommen, zunächst einfach dadurch, dass wir froher und sicherer werden auch gegen alle Nachteile, die wir in Kauf nehmen.
Wie ist es dann mit dem äußeren Erfolg? Einmal sollte uns bewusst sein, dass alles, was echt ist, sich einmal auch außen zeigen wird, meistens ganz anders, als wir es uns vorgestellt haben, und sehr häufig erst dann, wenn wir die Bestätigung von außen nicht mehr erwarten.

GABENGEBET
Herr, unser Gott,
diese Opferfeier bringe uns Heil und Segen.
Was du jetzt unter heiligen Zeichen wirkst,
das vollende in deinem Reich.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

KOMMUNIONVERS                                                                                                                                                                                                                                                                                           
Selig, die Frieden stiften;                                                                                                                                                                                                                                                                                    denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.                                                                                                                                                                                                                                              Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;                                                                                                                                                                                                                                      denn ihnen gehört das Himmelreich.


SCHLUSSGEBET
Allmächtiger Gott,
du hast uns gestärkt durch das lebendige Brot,
das vom Himmel kommt.
Deine Liebe,
die wir im Sakrament empfangen haben,
mache uns bereit,
dir in unseren Brüdern zu dienen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

 

 

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