Dreifaltigkeitssonntag C

Liturgische Texte: www.erzabtei-beuron.de/schott

1.Lesung Spr 8.22 - 31                                              

2.Lesung Röm 5, 1 - 5                                                                    

Evangelium Joh 16.12 - 1

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
12 Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.
13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.
14 Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden.
15 Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.


Von Gott zu reden
                                     
„Von Gott zu reden ist gefährlich" hieß das Büchlein, mit dem die russische Schriftstellerin Tatjana Goritschewa vor 30 Jahren großes Aufsehen erregte. Es war faszinierend und beglückend zugleich, mitzuerleben, wie sie in der damaligen Sowjetunion als überzeugte Atheistin zu Gott fand und welche Risiken sie dabei auf sich nahm. Sie beweist, dass von Gott zu reden nicht langweilig sein muss.

Damit ist sie auf der Spur Jesu, bei dessen Rede die Zuhörer bis zur Erschöpfung ausharrten. Er hatte unmittelbar ihr Herz berührt. Dazu hat er Bilder und Worte gewählt, die aus deren Leben genommen waren, der Bauern, der Hirten, der Landarbeiter, der Pächter und Gutsbesitzer. Er spürte etwas in sich, das überwältigend kostbar, schön und wunderbar ist, ein Erfüllt sein, eine Freude und eine Güte, mit der er auf jedes Elend reagiert und jeden annehmen  kann. Deshalb spricht er von der kostbaren Perle, für die ein Kaufmann sein Vermögen gibt, vom Schatz im Acker, für den einer alles verkauft, vom gütigen Gutsherrn, der gegen jede Vernunft so großzügig auszahlt. Ebenso dürfen wir an die Lilien des Feldes denken, die für ihn mehr bedeuten als die ganze Pracht Salomons oder das Märchenschloss eines orientalischen Königs. Damit verbindet sich seine innere Geradlinigkeit, sein entschiedener Sinn für das Echte und Aufrichtige und seine radikale Ablehnung alles Aufgesetzten und Erstarrten, was ihn in die Konfrontation mit den religiösen Führern bringt. Diese Einstellung ist nicht Ergebnis von asketischen Übungen auch nicht von guten Vorsätzen. Sie ist nur zu verstehen, wenn wir auf die Grunderfahrung Jesu zurückgreifen. Als er von Johannes getauft wird und aus dem Wasser steigt, da öffnet sich für ihn der Himmel. Der Himmel öffnet sich immer dann, wenn uns Augen entgegen leuchten, wenn uns ein Lächeln einlädt, wenn eine Nähe wahrnehmbar wird, wenn sich eine Atmosphäre aufbaut, die Liebe genannt werden kann. Dabei ist es immer so, dass wir das Schöne einer Situation nicht einfach herstellen können, sondern es ereignet sich ohne unser unmittelbares Dazutun. Es ist hier eine Macht am Werk außerhalb des Zugriffs unserer Berechnungen, Definitionen und Erklärungen. So dürfen wir es auch bei Jesus annehmen. Die Macht, die Jesus zu dem befähigt, worin wir ihn bewundern, nennt er „Vater“. Er hört nach der Taufe das Wort: „Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich mein Wohlgefallen“ (Mk 1,11).

Es wird hier das intimste Geheimnis Gottes in einer Menschen nahen Sprache ausgedrückt. Wer immer eigene Kinder hat, wird zustimmen, dass die zutiefst ergreifende, durchgehende, nachhaltigste Liebe die zu den eigenem Kindern ist. Lebensgemeinschaften zerbrechen und deren Partner können einander vergessen. Aber Mutter und Vater ist man ein ganzes Leben lang. Eltern, die ein Kind verloren haben, tragen eine Wunde in sich, die nur schwer heilt. Jesus spricht denn auch diese Form der Liebe an, um das zu vermitteln, was ihn zuinnerst bewegt. Wir kennen die Erzählung vom Vater, der bei der Heimkehr seines verlotterten Sohnes nur noch vor Freude jubelt. Erinnert sei auch an das Wort, mit dem Jesus zum vertrauensvollen Beten aufruft: „Wer von euch wird seinem Kind, wenn es um Brot bittet, einen Stein geben“ (Mt 7, 9). Den Zuhörern soll deutlich werden, dass sie im ganz gewöhnlichen Leben Bild Gottes sind, dass dieser Gott gegenwärtig ist in der Mühe und Sorge des Vaters und der Mutter.

Noch einmal soll herausgestellt sein: Was Jesus verkündet, ist keine Lehre, die er wie ein Gelehrter oder ein Philosoph frei erfunden hätte. Es ist der Ausdruck dessen, was er selbst erlebt hat und noch erlebt. Den Grund, aus dem er sein Fühlen und Denken, seine Lebenskraft und Visionen schöpft, nennt er den „Vater“. Die Erfahrung bei seiner Taufe am Jordan ist die volle Übereinstimmung mit ihm, dem Urgrund. Sie bricht immer dann neu durch, wenn er sich in das Gebet vertieft. Sie führt ihn in sein ganz Eigenes. Dies bedeutet: Der Himmel ist in Jesus selbst. Er gibt diesen Himmel weiter. Überall, wohin er kommt, entsteht eine Atmosphäre, wo Menschen aufatmen und neue Hoffnung schöpfen, selbst die Verrufenen und Verachteten. Wer ihm begegnet, erhält denselben Blick für die Menschen in ihrer Not und in ihren Möglichkeiten, für das, was das Leben reich und kostbar macht. Wer ihm folgt, wird dasselbe tun wie Jesus selbst. Er wird auch den Himmel öffnen, die Freude und die Zuversicht verbreiten, dass eine neue Welt im Entstehen ist.

Auf diese Weise  dürfen wir den letzten Satz der heutigen Rede Jesu verstehen: „Er nimmt von dem, was mein ist und wird es euch verkünden“ ( Joh 16, 15). Die Kraft Jesu, Menschen zu ihrem Glück  zu wandeln, wirkt von selbst weiter, verbreitet sich wie der Sauerteig und das Feuer. Sie verselbständigt sich und bekommt eine eigene Dynamik. In den Berichten wird diese „die Kraft von oben“ (Lk 24,49) genannt. Das griechische Wort heißt dynamis. Das heißt, der Heilige Geist ist die Dynamik, die eigentätig fortwirkt. Deshalb wird sie als Person bezeichnet. Weil Gott Mensch geworden ist, dürfen auch wir in menschlichen Worten von ihm reden wie von einer Beziehung zwischen Eltern und Kinder, wie zwischen Vater und Sohn, Mutter und Tochter, Vater und Tochter, Mutter und Sohn. Und doch ist der Sohn Gottes nicht Sohn im üblichen Sinn.

Was wir von Gott sagen, ist uns ähnlich und doch ganz anders. Wie viel wir davon verstehen, kommt auf den Horizont an, in dem wir wahrnehmen. Dieser kann eng sein  oder weit und immer weiter werden. Davon spricht Jesus in dem Satz: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen“ (Joh 16, 12). Erst nach dem Tod Jesu gehen ihnen die Augen darüber auf, wer Jesus wirklich ist und was er will, wer sie sind und welche Aufgaben sie haben. Dieses Öffnen der Augen ist gemeint, wenn „der Geist der Wahrheit kommt, der in die ganze Wahrheit einführt“ (Joh 16,13). Diese ist wie die Rede Jesu am See einfach, erschüttert wie ein Sturm, ist zart und wohltuend wie ein Hauch und kann wie Feuer brennen. Das Reden über Jesus kann das wecken, was er in sich trägt, was kostbar, schön und wunderbar ist, den Himmel, der sich öffnet.