Zum Verweifeln oder eine rettende Perspektive: David Steindl-Rast

Zum Artikel von Hochschulwochen übertrumpfen Jungfrauenweihe v. Hedwig Kainberger Salzburger Nachrichten v.8.8.2022

„Es ist zum Verzweifeln" ist das Resümee, wenn die Verfasserin an Jungfrauenweihe und an die Stellung der Frau in der Kirche denkt. Jedoch empfindet sie Trost, dass David Steindl Rast für sein Lebenswerk bei den Hochschulwochen ausgezeichnet wurde. Darüber sollte man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Im Grunde ist es eine neue Perspektive, welche eine Wende herbeiführen kann. Dass er das Christentum mit dem Buddhismus vereinbar hält, ist mehr als eine hohe Leistung an Toleranz. Entscheidend ist, dass er wie Thomas Merton, Hugo Enomya Lasalle, Willigis Jäger Graf Dürckheim und andere die Ansätze der gegenstandslosen Meditation, die im Buddhismus praktiziert wird, als Ausweg aus der Krise im persönlichen Bereich, der Religions- und Kirchenkrise und der westlichen Sinnkrise erkannt hat , aber nicht durch kluges Theoretisieren sondern durch praktischen Vollzug. Seine ansprechende Theologie ist das eigene in der praktischen Meditation geübte und kritisch reflektierte Leben. Er zeigt auf, dass es in der Religion nicht um einen Gott jenseits dieser Welt geht, sondern um das Große Geheimnis, in dem sich jeder Menscheingeschlossen ist.etzen muss. Der Benediktiner gehört zu jenen, die zur Lösung der westlichen Sinnkrise die östliche Weisheit entdeckt und darin die eines Meister Eckehard und anderer Mystiker. Es ist nichts anderes als unser christliches Mittelalter in ihrer höchsten Spitze. Wenn wir uns auf fernöstliches Denken einlassen, wird der Urgrund unserer Existenz lebendig. Östliche Weisheit ist keine Doktrin, sondern meint Einsichten, zu welchen eine konsequente Lebensweise führt. Vom Zen- Buddhismus muss man keine Lehren übernehmen, wohl aber wertvolle Hinweise, um seine spirituelle Energie zu erschließen. Es sind die Stätten, wo Zen als gegenstandslose Meditation praktiziert wird, wo für einen Kurs lange Wartelisten aufliegen. Was dort anzieht, ist die Erfahrung einer geistigen Dynamik, welche die Schwerpunkte der Interessen, des Denkens, der Emotionen verlagert. Man setzt nicht mehr auf alles begreifen wollen, sondern es ist das ergriffen werden, welche die Rätsel des Lebens löst. Teilnehmer kommen nach fünf Tagen als andere heraus mit entspannten, freudigen Gesichtern, mit neuer Lebenshoffnung und mit neuem Verstehen des Religiösen und des eigenen Lebens. Das Spirituelle hat für sie eine Bedeutung gewonnen, welche die Mitte ihres Lebens ausmacht, eine neue existentielle Ausrichtung, die ein Leben bestimmt. Das heißt die Religion erhält die Kraft des Ursprungs zurück. Menschen werden wieder religiös, aber anders als vorher, wenn sie es jemals waren. Man könne sagen: Das Organ für Gott wird geweckt. Dafür opfern viele ihren Urlaub, Geld und Zeit auch im Alltag. Es sind nicht die Dümmsten, die man einfach übergehen kann. Es sind Personen meist aus äußerst rationalen Berufen, Hochintellektuelle, die gerade deshalb dem Gefängnis des rein Rationalen zu entkommen versuchen. In einer Welt, in der „Gott" und Religion nur noch Achselzucken auslösen, ist eine Dynamik des Spirituellen zu beobachten, die aber in der Kirche, auch nicht auf dem Synodalen Weg angekommen ist. Man hat eher Angst davor. Jedoch ist es dem Benediktiner David Steindl Rast gelungen, diesen Aufbruch in die große Glaubenstradition zu integrieren. Wollte man ihn verstehen und umsetzen, müsste man als erstes die eigene Lebensgeschichte genauer in den Blick nehmen, ein Interesse an sich selbst entwickeln: Was ist gelungen? Worüber kann ich mich freuen? Was ist nicht gelungen? Worunter leide ich heute noch? Was steht noch aus? Welche Sehnsucht bewegt mich? Was bereichert mich? Der Weg nach innen beginnt nicht mit überfordernden Anstrengungen, sondern damit, dass man sich zur Ruhe setzt, seinen Atem spürt und die Stille aushält. Noch ergiebiger erweist sich die kritische Selbstreflexion, wenn man seine Träume beobachtet, sie aufschreibt und mit einer kundigen Person zu verstehen versucht. Sie sagen etwas über uns selbst, das wir noch nicht wissen. Es sind Seiten an uns, worauf wir noch nie geachtet haben, die uns an unseren Vorhaben hindern oder neue Möglichkeiten und Impulse liefern. Mit diesem Vorgehen nehmen wir unser Leben immer mehr selbst in die Hand und überlassen es nicht einem blinden Schicksal. Wenn wir schon an den äußeren Umständen nichts ändern können, am Ehepartner/, an der Familie, an der Gesellschaft, an der Kirche, so kann uns niemand daran hindern, uns selbst zu verändern.

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