8.Sonntag im Jahreskreis A

Eröffnungsvers Ps 18 (17), 19.20


Der Herr wurde mein Halt.
Er führte mich hinaus ins Weite,
er befreite mich, denn er hat an mir Gefallen.

Ehre sei Gott

Tagesgebet


Allmächtiger Gott,
deine Vorsehung bestimmt den Lauf der Dinge
und das Schicksal der Menschen.
Lenke die Welt in den Bahnen deiner Ordnung,
damit die Kirche
in Frieden deinen Auftrag erfüllen kann.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Zur 1.Lesung: Das Volk im babylonischen Exil hat Mühe zu glauben, dass Gott es wieder in die Heimat zurückführen wird; es fühlt sich von Gott verlassen und vergessen. Der Prophet antwortet darauf mit einer Heilsankündigung (Jes 49,15-20), von der die heutige Lesung nur den Anfang enthält (V. 15). Gott vergisst sein Volk nicht, so wenig wie eine Mutter ihr Kind vergisst.

1.Lesung Jes 49, 14 - 15

Ich vergesse dich nicht

Lesung aus dem Buch Jesaja
14 Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen.
15 Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht - Spruch des Herrn.

Antwortpsalm Ps 62 (61), 2-3.6-7.8-9 (R: 2a)

R       Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe. - R          (GL neu 665,1)

2        Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe,
          von ihm kommt mir Hilfe.
3        Nur er ist mein Fels, meine Hilfe, meine Burg;
          darum werde ich nicht wanken. - (R)

6        Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe,
          denn von ihm kommt meine Hoffnung.
7        Nur er ist mein Fels, meine Hilfe, meine Burg;
          darum werde ich nicht wanken. - (R)

8        Bei Gott ist mein Heil, meine Ehre;
          Gott ist mein schützender Fels, meine Zuflucht.
9        Vertrau ihm, Volk Gottes, zu jeder Zeit!
          Schüttet euer Herz vor ihm aus!
          Denn Gott ist unsere Zuflucht. - R

Zur 2.Lesung: Die Apostel und ihre Mitarbeiter sind nicht Herren der Gemeinde, sondern ihre Diener. Sie geben das weiter, was sie selbst empfangen haben: die Offenbarung Gottes durch Jesus Christus. Ob sie ihren Dienst treu verwaltet haben, darüber steht das Urteil allein Gott zu.

2.Lesung 1 Kor 4, 1 - 5

Gott hat uns den Sieg geschenkt durch Jesus Christus

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther
Brüder!
1 Als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes.
2 Von Verwaltern aber verlangt man, dass sie sich treu erweisen.
3 Mir macht es allerdings nichts aus, wenn ihr oder ein menschliches Gericht mich zur Verantwortung zieht, ich urteile auch nicht über mich selbst.
4 Ich bin mir zwar keiner Schuld bewusst, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht gesprochen; der Herr ist es, der mich zur Rechenschaft zieht.
5 Richtet also nicht vor der Zeit; wartet, bis der Herr kommt, der das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken wird. Dann wird jeder sein Lob von Gott erhalten.

Ruf vor dem Evangelium Vers: vgl. Hebr 4, 12

Halleluja. Halleluja.
Lebendig ist das Wort Gottes und kraftvoll.
Es richtet über die Regungen und Gedanken der Herzen.
Halleluja.

Zum Evangelium: Das heutige Evangelium hat zwei ungleiche Teile: das Wort von den zwei Herren: Gott und dem Mammon (6,24), und die Spruchreihe von den Vögeln des Himmels und den Lilien des Feldes. - Mammon ist das Geld, das zum Götzen geworden ist. Man kann nicht Gott und dem Mammon dienen; die Wahrheit dieses Wortes ist heute wie damals mit Händen zu greifen.

Evangelium Mt 6, 24 - 34

Sorgt euch nicht um morgen

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
24 Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.
25 Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung?
26 Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
27 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?
28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.
30 Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
31 Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen?
32 Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.
33 Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.
34 Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.


Was kommt dabei herein?

Es ist wahr: „Jeder Tag hat genug eigene Plage!” (Mt 6,34). Darin können wir Jesus ohne Vorbehalt zustimmen. Aber mit den anderen Ratschlägen tun wir uns schon schwerer. Die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir damit, unseren Lebensunterhalt zu sichern. Es gibt einen berechtigten Stolz auf eigene Leistung und auf die damit verbundene Gewissheit, andern nicht zur Last zu fallen. Die Sorge um den Arbeitsplatz wiegt Einiges. Hier es den Vögeln gleich zu tun, kann nicht die Absicht Jesu sein.

Wir sollten aber nicht übersehen, dass errungener Wohlstand und aufgebaute Karriere auch ihre Schattenseiten haben und zum Teil teuer bezahlt werden. Es gibt Erfolgreiche, die in der Mitte ihres Lebens plötzlich mit ganz anderen, ungewohnten Schwierigkeiten konfrontiert sind und nicht mehr weiter können. Vor einigen Jahren kam der Begriff des „burn out” auf, was so viel wie „ausbrennen” heißt. Man fühlt sich wie ausgebrannt. Die bisher zur Verfügung stehende Energie ist verbraucht. Betroffene sagen, sie hätten weder Lust noch Kraft zu einer sinnvollen Tätigkeit. Viele haben keine andere Wahl, als in einem solchen Zustand ihre (Früh) Pensionierung zu beantragen. Spätestens in dieser Krise müssen sie einsehen, dass Beruf und Einkommen nicht den ganzen Menschen ausmachen.
Die Mahnung Jesu, die uns zunächst so absurd erscheint, läuft darauf hinaus, uns zu fragen: Wo bleibe ich bei all den Anstrengungen, Sorgen und Erfolgen? Wer bin ich? Nur der Angestellte, nur der verantwortliche Leiter, nur der Fachmann, den man wegen seines Könnens schätzt, von dem alle etwas wissen wollen? Oder ist da noch eine andere Seite, die es erst zu entdecken gilt? Wer bin ich, wenn ich all das nicht mehr bin, wenn ich die Arbeitsstelle verliere oder in Pension gehe? Die Frage nach dem inneren Menschen wird heute nicht mehr so einfach hin verdrängt. Es ist durchaus üblich geworden, dass leitende Personen aus der Wirtschaft die Stille eines Klosters aufsuchen oder an Seminaren der Einkehr und Meditation teilnehmen.

Graf Dürckheim, der zugleich Psychotherapeut und Zen-Meister war und den Burn-out-Menschen das Tor für die Welt des Religiösen öffnen wollte, konfrontierte sie mit der Frage nach dem inneren Gewinn.
Gewöhnlich fragt man, wenn man etwas plant und unternimmt: Was kommt dabei heraus? Und meint den äußeren Erfolg, der sich auf dem Konto niederschlägt. Graf Dürckheim empfiehlt hingegen den Satz: Was kommt dabei herein?
Nicht nur: was mache ich in meiner Arbeit? sollte interessieren, sondern was macht die Arbeit mit mir? Wie bin ich selbst bei all den Mühen und Sorgen meines Lebens geworden? Zufriedener, gütiger, weitsichtiger, verständnisvoller oder nervös, erschöpft, gereizt, verhärtet, unzugänglich? Jemand, bei dem man es gut aushalten kann oder jemand, bei dem es einem kalt wird und ein Gespräch sehr bald verstummt?

Wir sollten vor allen anderen Dingen als erstes das Reich Gottes suchen, so lautet der Auftrag Jesu im heutigen Text. Gott ist aber nicht oben am Himmel, er ist innen in einem jeden von uns, in der Tiefe der Seele, der eigenen Person.
Wer deshalb beginnt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, der ist auf dem richtigen Weg. Es tritt eine Wende ein und es eröffnet sich für ihn ein neuer Zustand. Er wird für andere wichtig und wertvoll auf einer anderen Ebene als der des Fachwissens. Er tut sich und andern im besten Sinne Gutes. Er wird jemand, der einfach gut tut.

So war es beim heiligen Franziskus und bei anderen großen Gestalten. Weil sie erfahren haben, wie kostbar, reich und schön die Nähe Gottes ist, konnten sie auf Vermögen und Ansehen verzichten und ihr Leben wurde äußerst interessant, dicht und erfüllt. Franziskus ist es, der den Text des heutigen Sonntags gut nachvollziehen kann, der den Vögeln lauscht, mit ihnen spricht, der sich mit ihnen über den frühen Morgen freut, in ihrem Gezwitscher den Jubel des Himmels hört und der von ihnen sogar im Sterben begleitet und betrauert wird. Er übernimmt ihre Sorglosigkeit, trotzdem treibt ihn die Sorge um die Menschen um. Er hält es in der Einsiedelei nicht aus, geht in die Dörfer und Städte, um vom Glück der Nähe Gottes zu erzählen und um Frieden zu stiften. Er besitzt als göttlicher Habenichts einen unschätzbaren inneren Reichtum; denn er sieht die Welt mit den Augen Jesu. Von den großen Weisen des Fernen Ostens wird berichtet, sie würden in einer einzigen Vogelstimme alle Symphonien der Welt hören. Dasselbe gilt für den, der gesagt hat: „Schaut euch die Lilien des Feldes an! Nicht einmal Salomon war gekleidet wie eine von ihnen.” (Mt 6,26). Jesus empfindet in einer einzigen Wiesenblume mehr Schönheit als in einem orientalischen Märchenschloss. Hier ist ein Funke, in dem das Reich Gottes aufleuchtet.

Das Ziel einer Umkehr ist, jenen Punkt in uns zu finden, an dem uns diese Sicht Jesu möglich wird. Wir dürfen unser Auge schärfen für den Reichtum und die Buntheit des Lebens. Zugleich geht es um eine Verankerung gegen alle Angst, damit uns das Sorgen um die vielen Dinge nicht vereinnahmt und erdrückt.

In der heutigen Lesung kommt diese Einstellung in den Worten zum Ausdruck: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, / eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: / ich vergesse dich nicht“  (Jesaia 49, 15). Wer diesen festen Grund entdeckt hat, für den verliert vieles, was wichtig war, an Bedeutung und vieles, was man bisher nicht beachtet hat, gewinnt überragendes Gewicht.

Am Anfang eines außerordentliches Lebens stand nicht der heroische Verzicht, sondern es begann, als gewönliche Menschen auf das achteten, was in ihnen vorging, das Neue und Ungewohnte, das in ihnen erwacht war. Die großen Taten waren nicht Ergebnis einer großen Anstrengung, sondern Früchte einer inneren Entwicklung. Wenn wir wie die bewunderten Gestalten die ersten Schritte richtig tun, dürfen auch wir auf das Wachstum von Gottes Reich in uns vertrauen.