Weihnachten
Messe in der Morgenfrühe

1.Lesung Jes 62,11 - 12

Hört, was der Herr bis ans Ende der Erde bekannt macht: / Sagt der Tochter Zion: Sieh her, jetzt kommt deine Rettung. / Siehe, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, / gehen vor ihm her.
12 Dann nennt man sie «Das heilige Volk», / «Die Erlösten des Herrn». Und dich nennt man / «Die begehrte, die nicht mehr verlassene Stadt».

2.Lesung Tit 3,4 - 7

Als aber die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, 5 hat er uns gerettet - nicht weil wir Werke vollbracht hätten, die uns gerecht machen können, sondern aufgrund seines Erbarmens - durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist.
6 Ihn hat er in reichem Maß über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter, 7 damit wir durch seine Gnade gerecht gemacht werden und das ewige Leben erben, das wir erhoffen.

Evangelium Lk 2,14

Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.
16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
17 Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
19 Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.
20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.



Aufbruch in den Tag

Wir sind heute, an diesem Morgen des Weihnachtstages, wie die Hirten von Bethlehem aufgebrochen und wie sie voller Erwartung auf das, was uns Gott an diesem Tag zeigen wird.
Die Morgendämmerung hat etwas Eigenes an sich, einen bestimmten Reiz. Man sieht kaum Menschen auf den Straßen. Es ist noch ruhig, die Welt mit ihrem Lärm ist noch nicht erwacht. Es ist eindrucksvoll und wohltuend zu erleben, wie die Dunkelheit langsam weicht und die Dinge ihre Farben bekommen.
Wir gehen gerne in diesen Tag hinein.
Der Gang der Hirten und unser Kirchgang heute sind ein Bild für unseren Weg des Glaubens und für das Leben, das wir zu bestehen haben.
Wir kommen aus der Nacht und gehen in den Tag. Nacht, das war die Zeit, wo wir von uns nichts wussten. Nacht, das ist die Finsternis um uns: die Augenblicke, wo wir nicht mehr weiter konnten, wo wir meinten, jetzt sei alles, was wir einmal erhofften, zu Ende. Nacht ist, wenn uns Angst und düstere Vorstellungen quälen, wenn wir zermürbt werden von den Konflikten, wenn alles aussichtslos erscheint.
In der Nacht ist uns manches Licht aufgeleuchtet. Ein gutes Wort, in dem wir uns verstanden wussten, ein guter Mensch, der uns begegnete, der uns im Nachhinein wie ein Engel erschien. Wenn wir auf diese Zeit zurückblicken reiben wir uns die Augen und staunen, dass es möglich war. Und jetzt sind wir unterwegs. Wir brauchen uns nicht mehr sorgen und uns bedrücken lassen, was damals war; kein Vorwurf von außen und von innen ist berechtigt: Wir dürfen die Welt der Dunkelheit einfach zurücklassen und in den Tag hineingehen. Die ersten Christen sagten für diesen Vorgang, oder besser gesagt für diesen „Fort - Schritt," „erneuert im Hl. Geist," „wieder geboren," ein „neuer Mensch," „aus Gott geboren."

Wir haben mit diesem Fortschritt Neuland betreten. Es wird Tag in unserem Leben und auch in der Welt um uns her; so wie wir in der Morgendämmerung die Häuser, Bäume, Menschen immer deutlicher wahrnehmen, so sehen wir auch auf unserem inneren Weg so nach und nach die Dinge um uns, in einem neuen Licht: die Verwicklungen, in denen wir steckten, und die Mauern, die uns einsperrten, die Ungeheuer, die uns bedrohten, in einem neuen Licht.

Die ersten Christen sagen, dass es für sie Tag wird in der Welt (Vgl. Röm 13, 11-12). Sie sehen Christus als die Sonne, die aufgeht und nicht aufzuhalten ist. Es ist seine Güte und Menschenfreundlichkeit (Tit 3,4). Christus wird erfahren als das Licht, das jedes Menschenleben hell macht (Joh 1,9), auch das armseligste und erbärmlichste.
So ist der heutige Tag das Fest des Lichtes, außen und innen. Die längste Nacht im Jahreskreis ist vorüber- ein Grund zum Feiern.
Und erst wenn ein Mensch sagen kann: die längste Nacht in meinem Leben ist vorbei, die Tage werden länger! Die Tage, wo ich froh sein kann wie noch nie in meinem Leben, wo mir Wunder begegnen; wo ich wie in der Jahreszeit darauf vertrauen darf, dass das Licht stärker wird als die Finsternis, dass es einfach geschieht, von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag; eine Zeit, eine Zukunft, die mir nicht feindlich ist, die sogar mir gehört. Uns wird es gehen wie den Hirten, die fanden, was sie gesucht hatten, die aus dem Staunen nicht mehr herauskommen und Gott preisen, weil sie der Verheißung der Nacht vertrauten.