Die Nachfolge Jesu:   Die größere Last oder die größere Freude?   

Bei  Leserzuschriften  zum Thema "Wer ist Jesus?" fällt auf, dass Jesus als das große Vorbild anerkannt ist . Hingegen werden Gottessohnschaft und andere Hoheitstitel stillschweigend oder absichtlich übergangen. Von der gesamten kirchlichen Verkündigung scheint eines hängen geblieben zu sein: Jesus fordert zum uneigennützigen, selbstlosen Handeln auf und ist selbst das beste Beispiel dafür.. Wenn man die von Jesus geforderte Nächstenliebe einhalten würde, wäre das Himmelreich auf Erden gekommen. .
Nachfolge Jesu würde demnach bedeuten: sich unter das hohe Ideal der Selbstverleugnung, des Kreuztragens und der tätigen Nächstenliebe zu stellen entsprechend dem Wort: „Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, er nehme täglich sein Kreuz auf sich und so folge er mir nach" (Mt 16,24).
Nimmt man diesen Satz ganz wörtlich, bedeutet dies eine totale Selbstüberwindung, im Grunde eine Willensleistung, die radikal den eigenen Bedürfnissen abschwört und das Unangenehmere und Schwerere wählt. Der berechtigte Einwand lautet: Was soll an einer solchen Lebenseinstellung froh machen? Es ist doch eher eine ungeheure Last, die man da auf sich nimmt.
Dem  steht  die Einladung Jesu gegenüber:
„Kommt zu mir alle, die ihr voll Mühsal und beladen seid; ich will euch ausruhen lassen" (M11, 28). "Mein Joch ist mild und meine Last ist leicht"(Mt 11,30).

Eine umwerfende Begegnung

In der wissenschaftlichen Bibelauslegung gilt die Regel, dass die Erfahrungen der Jünger ganz wesentlich die Überlieferung von Jesus mitbestimmt haben. Deshalb dürfen wir in den Worten Jesu auch die Geschichte derer sehen, die ihn persönlich erlebt haben. Es ist deshalb nötig, genauer darauf zuschauen, was die Begegnung mit ihm ausgelöst hat, und die einzelnen Schritte ihres Weges mit dem Meister zu verfolgen.

Meister, wo wohnst du?" ( Joh 1,38).                                                                                                                                                                                                                                      "                                  "Kommt und ihr werdet sehen! Da kamen sie und sahen, wo er wohnte.und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde."(Joh 1,39).Es wird verständlich, dass die Jünger, die zum ersten Mal mit Jesus in Kontakt treten, ihn näher kennen lernen wollen. Deshalb fragen sie nach dem Ort, wo er wohnt. Räume werden von den Menschen geprägt, die darin wohnen, von ihrer Wärme  oder Kälte, von  Verstiegenheit oder Schlichtheit, von Aufgeregtheit oder Ruhe. Es gibt in  Assisi Kösterr, in denen Heilige über Jahrhunderte gelebt haben. Man kann heute noch die Tiefe, Dichte und Kraft in den Räumen und Kreuzgängen wahrnehmen, wenn dafür offen ist.                                                                                                                                                                                                                               Das Haus Jesu in Kapharnaum dürfte ein sehr schlichter Raum gewesen sein, aber gefüllt von Atmosphäre. Das Entscheidende ist, dass im Herzen derer, die ihm bis in sein Haus folgten, neue Räume des Erlebens enstanden; dass Ängste und Unsicherheiten abfielen, dass Freude und Hoffnung erwachten. Später wird es heißen, dass sie selbst, ja jeder, der an ihn glaubt, eine Wohnung des Geistes Jesu ist.Von Petrus wird eine andere, sehr intensive Geschichte der Begegnung mit Jesus überliefert..Es ist der unglaubliche Fischfang. Seine Reaktion ist: "Geh weg von mir, Herr; denn ich bin ein sündiger Mensch. Schrecken nämlich hatte ihn ergriffen" (Lk.5, 8-9). Es geht ihm nicht um die Fische, sondern es ist die Persönlichkeit Jesu, die ihn überwältigt. Es ist eine beglückende Fülle und ein Erschaudern zugleich.Er hat etwas vom Wesen Jesu gespürt.  Darauf ließ er alles liegen und stehen und ging mit ihm. Das Erlebnis hatte seine Alltagswelt durchbrochen und damit den bisherigen Rahmens seines Denkens. Sonst hätte er das Risiko der Nachfolge nicht auf sich genommen.Er wird zum neuen Menschen. Ursprünglich heißt er Simon und ist der Bruder des Andreas, einer der beiden ersten Jünger. Der neue Name, den er von Jesus erhält, sagt etwas darüber aus, was mit ihm geschieht. Wenn er später seinen Meister Messias und Sohn Gottes nennt (vgl.Mt16, 13-20), steht die eigene Erfahrung dahinter. Jesus verspricht, aus ihm einen Menschenfischer zu machen. (Mt,4,19).Er wird befähigt, Menschen zu überzeugen und zu gewinnen.                                                                                                                         

Der überwältigende Eindruck

Es muss ein überwältigender Eindruck gewesen sein, den Jesus hinterlassen hat. Man stelle sich eine Atmosphäre vor, die frei ist von Druck, von Hektik, von Angst, wo es einem ein Stück leichter wird, wo man aufatmen kann. Es gibt Menschen, die eine besondere Ausstrahlung haben, die ohne große Worte, einfach wie sie sind, den Raum ausfüllen. Der verstorbene Papst Johannes XXIII. gewann die Menschen nicht durch brillantes Reden, auch nicht durch besondere Segensgesten. Es war die bloße Erscheinung seiner Gestalt. Er war ein Mann von einer unbeschreiblichen Herzensgüte und Schlichtheit, die von selbst überzeugte. Ähnliches sagen Jugendliche, die mit Roger Schutz gesprochen haben. Sie spürten von Anfang an ein Wohlwollen und Angenommensein in seiner Nähe. Es brach etwas auf, das sie so bisher nie gekannt, aber im Innersten doch immer gesucht hatten. Wir dürfen mit Recht vermuten, dass es mit Jesus ähnlich war, dass er das, was von Papst Johannes und Roger Schutz berichtet wird, noch weit übertroffen hat.

                                                                                                                  Jesus, das Lamm 

Johannes der Täufer sagt: er ist das Lamm Gottes(Joh1,29). Das Lamm galt als das Tier, das wegen seiner Zutraulichkeit, Wehr- und Arglosigkeit die Aufmerksamkeit auf sich zieht und das eine Seite von Gott darstellt, die mit seiner absoluten und zugleich wehrlosen Güte entspricht. Nach allem, was von Jesus berichtet wird, spiegelt Jesus diese Seite Gottes wider. Wir können uns vorstellen, wie wohltuend sein Gesicht, sein Blick, seine Gesten, seine körperliche Erscheinung auf die Menschen wirkten. In allem lag etwas von einer tröstenden Güte, von einer Echtheit und Wahrhaftigkeit, die frei macht und Lasten abfallen lässt und auch etwas von einer Unbedingtheit und Geradheit, der man nicht ausweichen kann. Das Wort des Täufers, dass dieses Lamm die Sünden der Welt hinweg nimmt, war den frühen Christen so bedeutsam, dass sie es in die Liturgie aufnahmen. Ohne die tieferen theologische Deutungen auszuschließen verstehen wir es einfach so: In der Nähe Jesu werden Falschheit, Berechnung, Gespaltenheit, geheime zerstörende Emotionen,  was immer Sünde genannt wird, verscheucht. Die Dämonen fahren mit lautem Geschrei aus, so berichtet Markus vom ersten Auftreten Jesu (Mk 1,23-27). Er verbreitet ein Klima, in dem das Gemeine und Verfälschte keinen Platz hat.

Energie und Dynamik

Alles Volk suchte ihn anzurühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus und heilte alle"(Lukas 6,19).
Für „Kraft" steht im griechischen Urtext dynamis. In den Apostelbriefen wird dynamis zusammen mit energeia gebraucht als Ausdruck für das Wirken des Geistes Jesu (Eph1,19). Es sind die Urwörter für die modernen Begriffe Energie und Dynamik, die inzwischen zentrale Bedeutung haben. Niemand kann uns daran hindern, sie wieder auf ihren ursprünglichen Inhalt zurückzuführen und sie als Schlüssel für das Wirken Jesu zu sehen; denn es gibt nicht nur Energie und Dynamik, wofür die Naturwissenschaft zuständig ist, sondern auch im Bereich des ganz persönlichen Erlebens, der Liebe und des Hasses, der Sympathie und Antipathie, des alltäglichen Zusammenseins, der öffentlichen Ereignisse und des religiösen Lebens. Wer solche Vorgänge beeinflussen kann, muss eine Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung und Anziehung sein. Eine solche ist Jesus. Das heißt konkret: Das Auftreten Jesu ist aufgeladen mit Energie und Dynamik. Das ist es, was Menschen aus allen Städten und Dörfern anlockt. Sie wollen ihn hören, sehen, einfach in seiner Nähe sein. Sie haben alles liegen und stehen lassen und denken nicht einmal mehr an Hunger und Essen.
Es muss etwas Faszinierendes an ihm sein. Am Ende der Bergpredigt steht: „sie waren hingerissen von seiner Lehre"(Mt 7,28). Was er sagt und vor allem, wie er es sagt, ist so erfrischend neu, so aufregend und wohltuend. Die Zuhörer fühlen sich verstanden und zugleich herausgefordert. Sie können ihm stundenlang zuhören. Es schlägt ein. Das Leben wird dichter und erfüllter. Sie spüren Lebendigkeit, Nähe und Freiheit zugleich. Das allgemeine Echo ist: „Er redet wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten"(Mk1,22).
Jesus berührt den Punkt der Existenz , wo die Gefühle ihren Sitz haben. Damit wird die Wandlung eines Menschen eingeleitet und das, was mit Heil und Erlösung gemeint ist. Denn Emotionen entscheiden am unmittelbarsten über Gelingen eines Lebensschicksals, einer Beziehung, einer Ehe, einer Familie.
Wir dürfen uns die Szene am Jakobbrunnen vor Augen halten: Die Art, wie Jesus sich gibt, was er sagt, wie er mit Menschen umgeht, ist wie erfrischendes Wasser im Gegensatz zu dem abgestandenen, das die Schriftgelehrten aller Zeiten auszugeben gewohnt sind. Man ist an der Quelle.
Jesus sagt dazu: „Das Reich Gottes ist nahegekommen" (Mk1, 15). Man kann es spüren, sehen, hören. Es liegt in der Luft, in der Atmosphäre, die Jesus verbreitet. Die Jünger, die Jesus folgen, werden eingetaucht in die Erlebniswelt der Nähe Gottes, der Wunder und Heilungen, der Tiefe und Ergriffenheit, der Ehrfurcht und des Staunens. An einer Stelle lesen wir, dass Jesus die ganze Nacht auf dem Berge im Gebet verbringt, anschließend die Apostel auswählt und dann fast magisch die Menschen anzieht.
Alles Volk suchte ihn anzurühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus und heilte alle" (Lukas 6,19).
Jesus treibt es förmlich, das Wunderbare, das er in sich spürt und aus dem er lebt, den Menschen in den Dörfern und Städten, weiterzugeben. Er nennt es „die Frohe Botschaft verkünden"(Vgl. Mkus 1,15; 1,38).Die Quelle soll auch in ihnen lebendig werden. Sie sollten wie er das Glück der Nähe Gottes erfahren dürfen. Dazu sollten sie umdenken. Sie müssten sich gar nicht zerknirscht an die Brust schlagen, sondern sich nur für Neues öffnen. Es wird etwas mit ihnen geschehen, was sie bisher noch nie erfahren haben. Um ihnen dies verständlich zu machen, nimmt Jesus Bilder aus ihrem Leben. Das mit dem Wirken Gottes ist, wie wenn ein Bauer ackert und sät, eine Hausfrau Brot bäckt, ein Händler Kostbarkeiten sucht, ein Fischer seine Netzte auswirft.
Es sind die bekannten Gleichnisse vom Samenkorn, vom Sauerteig, vom Feuer und vom Brot, von der kostbaren Perle, vom Schatz im Acker, vom Fischernetz. Wir dürfen sie auf einer Linie als Ausdruck eines durchgehenden Prozesses sehen. Bis das Korn als Brot auf dem Tisch liegt, muss es einen langen Weg zurücklegen.
Es beginnt bei der Aussaat, geht über in das Wachsen und Reifen. Schließlich ist die neue Ernte da, die gemahlen, vom Sauerteig durchdrungen, ins Feuer gelegt und als duftendes Brot herausgenommen wird. ....(Vgl. Markus 4,3-20; Mt 13,33).
Jeder einzelne dieser Schritte ist ein Bild für den Vorgang bei jedem, der sich dem Wirken Gottes öffnet.
Die Aussaat, mit der alles beginnt, kann ein Wort sein, das einen nachdenklich stimmt, eine Begegnung, die einen zutiefst berührt, ein Traum, der einen verfolgt, ein Erlebnis, das man nicht mehr vergessen kann.Ignatius von Loyola stößt aus Langeweile auf ein Buch, das sein Interesse weckt und einen totalen Einschnitt in sein Leben auslöst. Er begeistert sich für Taten, an die er früher nie gedacht hätte. In ihm entsteht ein völlig neues Lebenskonzept. Es erwacht in ihm eine Dynamik, der ihn nie mehr loslässt. Jesus spricht von der Saat, die von selbst wächst. Im griechischen Urtext steht das Wort automatä - „automatisch". Wenn etwas „automatisch" geschieht, meinen wir, dass es unserem willentlichen Eingreifen entzogen ist. Es wird etwas in Gang gesetzt, das sich selbständig ausbreitet und entfaltet, aufblüht und groß wird. So ist es sogar mit einem wesentlichen Teil unseres Mensch¬seins. Wir können das Glück der Liebe nicht planen und nicht berechnen. Es stößt uns zu oder nicht zu; es gibt Vorgänge unserer Seele, über die wir keine Herrschaft haben. Schließlich sind es die Emotionen, die unsere Entscheidungen wesentlich beeinflussen und die wir uns nicht ausreißen können. Mit dem Bild der wachsenden Saat ist gemeint, dass in uns etwas wächst, das stärker ist als die blinden Emotionen und dass deren Kraft zu einem neuen Ganzen eingebunden wird.
Menschen, die den Glauben an Jesus entdeckt haben, empfinden seitdem ihr Leben als umfassender, tiefgründiger, sinnvoller und heller. Es ist ein Glanz, der von selbst leuchtet und auf andere anziehend wirkt. Sie be¬schreiben es als ein stimmig sein mit sich selbst. Die Angst vor der Zu¬kunft, vor Vereinsamung, vor dem Verschwinden des Lebens hat ihre bedrängende Macht verloren. Sie haben das Gefühl, an eine große Kraft angeschlossen zu sein, die das für sie tut, was sie selbst nicht tun können. Die Sorge, wie es weitergehen soll, wird unbedeutend. Es bildet sich die Überzeugung, dass es von selbst gut wird, wie beim Bauern, der sich zurücklehnen und die ganze Sache einer höheren Macht überlassen kann.
Das Bild des Wachstums, das Jesus so gerne verwendet, richtet sich gegen alles , was zur Routine und Schablone geworden ist im religiösen wie im zwischenmenschlichen Bereich, gegen Erstarrung, Härte und Enge. Wir dürfen an das Gras denken, das durch Ritzen des Betons dringt und diesen sprengt.

Wenn wir auf Wachstum vertrauen, dann ist die Zeit für uns. Wir dürfen uns auf eine Ernte freuen. Wenn wir nur toten Besitz kennen, dann richtet sich die Zeit gegen uns. Unser Reichtum bröckelt ab und wir mit ihm.

Sauerteig und Feuer

 

Außer in den Saaten, Sträuchern und Bäumen sieht Jesus die Eigendynamik des Wirkens Gottes im Sauerteig und im Feuer.Es ist ein Vorgang, der nicht ständig betreut, versorgt, behütet und überwacht werden muss. So ist es beim Korn und so ist es beim Sauerteig.Ein kleines Häufchen davon kann einen Berg Mehl verwandeln, weil er seine Kraft aus der großen Menge selbst holt. So ist es auch beim Feuer. Für einen Funken macht es nichts aus, ob in einem Tank zwei oder zehntausend Liter Benzin sind. Ein Funke hat keinen eigenen Vorrat, aber wenn er auf Brennbares fällt, löst er eine gewaltige Wirkung aus.Das Verhältnis von Wenig und Viel, Klein und Groß, von Ohnmacht und Macht, von Not und Überfluss gilt nicht mehr; ihre Gesetze werden außer Kraft gesetzt.
So ist es, als nur fünf Brote für fünftausend Personen da sind. Die Chance, dass alle satt werden, ist eins zu Tausend, und doch bleiben noch zwölf Körbe übrig.(Vgl. Matthäus 14,13-21)
„Feuer auf die Erde zu werfen, bin ich gekommen, und wie wünschte ich, dass es schon brenne"(Lukas 12,49), sagt Jesus, als er über die Herausforderung der Nachfolge spricht. Er will ein Feuer anzünden, weil es in ihm selbst lodert. „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe", ist ein Wort, das nach der Überlieferung bei Origines Jesus zugeschrieben wird (3).
Dazu gehört auch jenes Ereignis auf dem Berg, bei dem das Gesicht Jesu wie die Sonne leuchtet (Matthäus 17,2). Während Jesus betet, kommt er mit dem Kostbarsten in sich selbst in Berührung und die ganze Gestalt, selbst die Kleidung wird anders."Seine Kleider aber wurden hell wie das Licht" (Matthäus 17,2). Es ist die höchste Steigerung des Glanzes, der sonst auf ihm liegt, die Spiegelung seines Wesens. Was als Verklärung berichtet wird, ist der volle Durchbruch seines innewohnenden Lichtes.
In der Geschichte der Mystik und der religiösen Erfahrung gibt es viele Beispiele, die zeigen, dass die Verklärung Jesu kein unwahrscheinliches Ereignis ist; Jesus steht auch in seiner außerordentlichen Gottesnähe mitten in der Menschheit.Als Mose vom Berg Sinai, wo er Gott gesehen hatte, herabstieg, strahlte die Haut seines Gesichtes ein solches Licht aus, dass die Israeliten es nicht ertragen konnten (Ex 34,33-35). Paulus sah auf dem Weg nach Damaskus ein Licht heller als die Sonne (Apg 26,13); ein Ereignis, welches die entscheidende Wende seines Lebens brachte. Gott habe in seinem Herzen ein Licht ent¬zündet, so schreibt er später, und so konnte auch er das wunder¬bare Licht auf dem Antlitz Christi wahrnehmen (Vgl. 2 Kor 4,6).
Der heilige Franziskus wird mit dem Strahlenkranz um sein Haupt dargestellt; so haben ihn seine Zeitgenossen erlebt: als einen, der ein inneres Licht ausstrahlt. Intuitiv sieht er in der Sonne ein Bild des Höchsten und stimmt auf sie und auf das Feuer ein Preislied an. In ihm ist etwas vom Feuer Christi, dem er so nahe ist.
Jesus wusste um den Zusammenhang, dass die Schönheit und Wahrheit eines Menschenlebens mit dem Licht der Augen zu tun hat. Er drückt es in dem Satz aus: „Das Auge ist die Leuchte deines Leibes" (Lukas 11,33). Das heißt das Auge ist nicht nur Organ, das aufnimmt, sondern eines, das Signale abgibt, das die Seele nach außen trägt. Deshalb kommt alles darauf an, dass diese Leuchte nicht verdunkelt ist. Ein finsteres Gesicht kann nur Finsternis im Innern bedeuten; ein helles jedoch verbreitet Wärme und Freude (Vgl. Lukas11, 33-36).Wir dürfen mit Recht annehmen, dass damit das Gesicht von Jesus selbst beschrieben ist. „Die Kraft, die von ihm ausgeht und alle heilt" (Lk 6,19), strahlt auch von seinen Augen aus.Das spüren die Menschen, zumindest die Bedürftigen, die nach Zuwendung hungern. In seinem Blickfeld fühlen sie sich angenommen und verstanden. Seine Nähe tut einfach gut. Dies dürfen wir annehmen, wenn so häufig berichtet wird, dass sich viel „Volk um ihn drängte"(Markus 2, 3,7;3, 20;3,32).Unsere Fantasie darf auch jene Frau in den Blick nehmen, die als Sünderin in der Stadt gilt und es wagt, beim Gastmahl der Angesehenen und Frommen Jesus ihren Dank und ihre Liebe zu erweisen(Lukas 7,36-50). Was dem Ereignis voraus geht, wird nicht gesagt. Es könnte ein Wort Jesu oder nur ein Blickkontakt mit ihm gewesen sein, welcher sie im Innersten berührt und in ihr ein Feuer angezündet hat. Nach den Worten Jesu ist es das Feuer der Liebe.Ebenso dürfen wir an den Mann an der Zollstätte denken, der uns als Schriftsteller Matthäus bekannt ist. Er lässt auf ein bloßes Wort hin alles im Stich (Mt, 9,9). In der Begegnung mit Jesus ist jeweils ein Funke von dessen großem Feuer übergesprungen.
Der Glanz, die Größe, Schönheit, Wahrheit und Licht eines Lebens drücken sich in strahlenden Gesichtern und leuchtenden Augen aus. Hinter allem verbirgt sich der Funke Gottes, von dem Jesus sagt „Das Reich Gottes ist in euch"(Lukas 17,21).Das Brot des Lebens (Johannes 6,48). Das Brot, das als Weizenkorn den Weg durch die Erde, durch Sonne, Wind und Wetter, durch die Mühle und durch das Feuer geht, gilt als Substanz des Lebens. In ihm sind die Mühe der Menschen, die Keimkraft der Erde, die Wandlungskraft des Sauerteigs und die Glut des Feuers gesammelt.So dürfen wir den Werdegang des Menschen Jesus sehen, der diese Stationen seines Lebens durchgemacht hat. Wir dürfen annehmen, dass auch in ihm zunächst das Göttliche das heißt seine Gottessohnschaft wie ein Keim war, dann aber alles ausfüllte. In seinem Leiden und in sei worden.In diesem Wort ist, wie schon angesprochen, die Geschichte der Jünger mit ihm gespeichert. Mit anderen Worten: die ersten Christen haben vom Namen Jesus wie vom Brot gelebt. Man kann von einem Ereignis so erfüllt sein, dass man das Essen vergisst. In diesem Sinn gibt es ein Brot, das den Hunger der tieferen Existenz sättigt, den Hunger nach geistiger Orientierung, nach Nähe und nach Freiheit, nach Heimat, nach einem Ort, wo man ankommen kann, nach einem Lebensinhalt, der einen bis zum letzten ausfüllt, nach einer endgültigen Sicherheit und Gewissheit, welche die Angst überwindet. Es gibt eine Sättigung in der Erfahrung der Tiefe, der Nähe und der gemeinsamen Schwingung, der Liebe. Eine Frau schreibt nach einer Begegnung, in der ihr der Seelengrund geöffnet wurde: „Das macht mich still, ehrfürchtig und dankbar." Eine solche Erfahrung schmeckt nach einem seelisch-geistigen Brot, wie es im Johannesevangelium gemeint ist. Der eigene Reichtum wird wie von selbst weitergegeben. Wir werden zum Brot, von dem andere leben können. Bis dies möglich ist, bleibt es niemand erspart, in der Not und Zerrissenheit einer Lebenssituation wie durch das Feuer zu gehen. Auf diesem Weg werden wir für andere „fruchtbar wie die Saat und nahrhaft wie Brot".   Anders ausgedrückt: Wir tun einander gut, einfach weil wir da sind.Das ganz Eigene an Jesus liegt darin, dass er zur absoluten Nächstenliebe nicht nur auffordert, sondern sie auch möglich macht.                                                                                                                 

 Nicht die Lehre, sondern die Begegnung

Der entscheidende Punkt des Evangeliums ist nicht die Lehre sondern die Begegnung mit Jesus und alles, was in ihr geschieht.. Er hat die hohen Ideale nicht nur vorgelebt, sondern er befähigt, sie zu erfüllen. Der erste Schritt der Nachfolge besteht demnach darin, sich der Erfahrung des Evangeliums auszusetzen und seine Inhalte tiefgehend auf sich wirken zu lassen. Das bedeutet, in den Raum der Wahrnehmung und der Kraft Jesu eintreten, entdecken, wo man aufatmen kann, Impulse zulassen, die einen bereichern und froh machen, und sie als Keime eines neuen Wachstums annehmen. Es beginnt damit , dass wir der Anspannung und dem Druck einer Lebenskrise nicht ausweichen. Erst dann kann ein Funke zünden.Jesus als das große Vorbild ist nur die Hälfte der Wahrheit und führt letzten Endes in die Sackgasse der Überforderung. Die unerfüllbar erscheinenden Gebote sind keine neuen, kaum tragbaren Lasten, sondern Früchte eines von ihm angeregten, eigentätigen Wachstums.In seinem Tod ist er wie durch das Feuer gegangen und so ist er zum Brot des Lebens geworden.

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