26. Sonntag B 29.09.2024

Gott ist größer als das Herz der Menschen. Auch bei Menschen, die anders fromm und anders gläubig sind als wir, ist der Geist Gottes am Werk; ohne ihn gibt es nichts Gutes. Auch bei denen, die das Christentum bekämpfen, ist nicht alles nur böser Wille. Vielleicht bekämpfen sie nur das, was wir zu Unrecht als Christentum ausgegeben haben. Innerhalb der christlichen Gemeinschaft aber lautet die Grundfrage: Wie stehst du zu Christus?

EröffnungsversVgl. Dan 3, 31.29.30.43.42

Alles, was du uns getan hast, o Herr,
das hast du nach deiner gerechten Entscheidung getan,
denn wir haben gesündigt, wir haben dein Gesetz übertreten.
Verherrliche deinen Namen und rette uns
nach der Fülle deines Erbarmens.

Ehre sei Gott, S. 371 f.

Tagesgebet

Großer Gott, du offenbarst deine Macht vor allem
im Erbarmen und im Verschonen.
Darum nimm uns in Gnaden auf,
wenn uns auch Schuld belastet.
Gib, dass wir unseren Lauf vollenden
und zur Herrlichkeit des Himmels gelangen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

 

Erste Lesung Num 11, 25-29

Willst du dich für mich ereifern?Wenn nur das ganze Volk zu Propheten würde!

Lesung aus dem Buch Númeri.

In jenen Tagen
25 kam der Herr in der Wolke herab und redete mit Mose.
Er nahm etwas von dem Geist, der auf ihm ruhte,
und legte ihn auf die siebzig Ältesten.
Sobald der Geist auf ihnen ruhte,
redeten sie prophetisch.
Danach aber nicht mehr.
26Zwei Männer aber waren im Lager geblieben;
der eine hieß Eldad,
der andere Medad.
Auch über sie kam der Geist.
Sie gehörten zu den Aufgezeichneten,
waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen.
Auch sie redeten prophetisch im Lager.
27Ein junger Mann lief zu Mose
und berichtete ihm:
Eldad und Medad
sind im Lager zu Propheten geworden.
28Da ergriff Jósua, der Sohn Nuns,
der von Jugend an der Diener des Mose gewesen war, das Wort
und sagte: Mose, mein Herr, hindere sie daran!
29Doch Mose sagte zu ihm: Willst du dich für mich ereifern?
Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde,
wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!
AntwortpsalmPs 19 (18), 8.10.12-13.14 (Kv: 9ab)

Kv Die Befehle des Herrn sind gerade;GL 312, 7
sie erfüllen das Herz mit Freude. - Kv

8Die Weisung des Herrn ist vollkommen, *
sie erquickt den Menschen.
Das Zeugnis des Herrn ist verlässlich, *
den Unwissenden macht es weise. - (Kv)
10Die Furcht des Herrn ist lauter, *
sie besteht für immer.
Die Urteile des Herrn sind wahrhaftig, *
gerecht sind sie alle. - (Kv)
12Auch dein Knecht lässt sich von ihnen warnen; *
reichen Lohn hat, wer sie beachtet.
13Versehentliche Fehler, wer nimmt sie wahr? *
Sprich mich frei von verborgenen Sünden! - (Kv)
14Verschone deinen Knecht auch vor vermessenen Menschen; *
sie sollen nicht über mich herrschen!
Dann bin ich vollkommen *
und frei von schwerer Sünde. - Kv

ZUR 2. LESUNG Die Lesung aus dem Jakobusbrief ist eine Warnung an die Reichen, die ihren Überfluss nicht mit denen teilen wollen, die Not leiden, und das noch in diesen „letzten Tagen" vor dem Gericht Gottes. Das wird zu uns heute gesagt. Ob es viel oder wenig Geld ist, das wir haben, macht wenig Unterschied. Im Gericht wird der Menschensohn uns danach fragen, wie wir die Armen behandelt haben.

Zweite LesungJak 5, 1-6

Euer Reichtum verfault

Lesungaus dem Jakobusbrief.

1Ihr Reichen,
weint nur und klagt über das Elend, das über euch kommen wird!
2Euer Reichtum verfault
und eure Kleider sind von Motten zerfressen,
3euer Gold und Silber verrostet.
Ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten
und euer Fleisch fressen wie Feuer.
Noch in den letzten Tagen habt ihr Schätze gesammelt.
4Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben,
der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt,
schreit zum Himmel;
die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben,
sind bis zu den Ohren des Herrn Zebaoth gedrungen.
5Ihr habt auf Erden geschwelgt und geprasst
und noch am Schlachttag habt ihr eure Herzen gemästet.
6Verurteilt und umgebracht habt ihr den Gerechten,
er aber leistete euch keinen Widerstand.
Ruf vor dem EvangeliumVers: vgl. Joh 17, 17

Halleluja. Halleluja.
Dein Wort, o Herr, ist Wahrheit;
heilige uns in der Wahrheit!
Halleluja.

ZUM EVANGELIUM Jesus steht im Kampf gegen das Böse und den Widersacher, aber er kennt keinen Fanatismus, wo es um Menschen geht. „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns." Diese Großzügigkeit sollen wir von Jesus lernen; wir sollen es gelten lassen, wenn jemand etwas Gutes tut, auch wenn es außerhalb der Kirche geschieht. - Der zweite Teil dieses Evangeliums steht unter dem Leitwort „Ärgernis" (skándalon). Ärgernis geben heißt hier: einen Menschen um seinen Glauben bringen oder überhaupt ihn zum Bösen verleiten.

EvangeliumMk 9, 38-43.45.47-48

Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.Wenn dir deine Hand Ärgernis gibt, dann hau sie ab!

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.

In jener Zeit
38 sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus:
Meister, wir haben gesehen,
wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb;
und wir versuchten, ihn daran zu hindern,
weil er uns nicht nachfolgt.
39Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht!
Keiner, der in meinem Namen eine Machttat vollbringt,
kann so leicht schlecht von mir reden.
40Denn wer nicht gegen uns ist,
der ist für uns.
41Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt,
weil ihr zu Christus gehört -
Amen, ich sage euch:
Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.
42Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben,
Ärgernis gibt,
für den wäre es besser,
wenn er mit einem Mühlstein um den Hals
ins Meer geworfen würde.
43Wenn dir deine Hand Ärgernis gibt,
dann hau sie ab;
es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen,
als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen,
in das nie erlöschende Feuer.
45Und wenn dir dein Fuß Ärgernis gibt,
dann hau ihn ab;
es ist besser für dich, lahm in das Leben zu gelangen,
als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.
47Und wenn dir dein Auge Ärgernis gibt,
dann reiß es aus;
es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen,
als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden,
48 wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.

Der Geist außerhalb

Die Jünger Jesu sind heute eifersüchtig. Sie können es nicht ertragen, dass außerhalb ihrer Reihen Gutes geschieht. Sie glauben, das Monopol der Dämonenaustreibung zu haben. Sie fühlen sich als die Auserwählten, als die alleinigen Träger von Gottes Gnade und Macht.
Ähnliches hörten wir schon in der ersten Lesung. Der Diener des Moses ist völlig entsetzt, als auch andere gegen alle Erwartung vom Geist Gottes ergriffen werden. Er kann es nicht hinnehmen, dass die Ordnung durcheinander kommt.

Im Umgang mit dem Geist Gottes haben seine Jünger zu allen Zeiten noch viel dazu zu lernen. Es ist sogar dessen Eigenart, dass er uns überrascht und nicht in unser Schema passt. Sein Wirken ist immer anders, weil er immer Neues entwirft und erschafft.
Wir können ihm nicht vorschreiben, wo er sich niederlassen soll, genauso wenig wie wir dem Wind nicht befehlen können, wo er zu wehen hat. So hat es Jesus selbst einmal ausgedrückt (Vgl. Joh 3,8).
Wer auf Grund einer einmal getroffenen Entscheidung, eines Standes, eines Titels oder eines Amtes in der Schar der Jünger Jesu steht, kann noch lange nicht für sich in Anspruch nehmen, ihn verstanden zu haben und aus seinem Geiste zu denken und zu sprechen. Verfestigung und Erstarrung gehören nicht zu den Gaben des Heiligen Geistes.
Vielmehr ist es der freie und offene Blick für das Gute, ganz gleich, wo es geschieht.

Als vor secchs und sechzig Jahren der nicht mehr ganz junge Patriarch von Venedig Angelo Roncalli zum Papst gewählt wurde, entpuppte sich die Wahl als die große Überraschung. Er leitete eine völlig neue Phase der Kirchengeschichte ein. Er sah in den sogenannten säkularen Bewegungen unserer Zeit den Heiligen Geist durch die Geschichte wehen in Aufbrüchen, vor denen die Kirchenleitungen einmal gewarnt hatten: dass die Menschen eigenständig denken und über ihre Zukunft selbst entscheiden. Unter anderem betrifft dies das Recht jedes Menschen, seine Religion frei auszuüben, das Recht der arbeitenden Bevölkerung auf Bildung und Wohlstand, das Recht der Frauen am öffentlichen Leben teilzunehmen, das Recht auf politische Unabhängigkeit. Sein Hauptanliegen war, dass Vertrauen unter allen Menschen dieser Erde wachse und verlässlicher und gerechter Friede einkehre.
Diese Sicht verdankte er seinem gütigen Herzen, das offen war für jeden Menschen, ob einer Katholik, Protestant, Kommunist oder Moslem war. Von ihm kann man sagen, dass er ganz und gar aus dem Geist Jesu geredet und gehandelt hat.
Um eine Besonderheit seines Wesens noch deutlicher hervor zu heben: Er sah die geringste Kleinigkeit des Guten in den Menschen, auch im Mörder, den er im Gefängnis umarmte, in den einfachen Straßenhändlern und Zeitungsverkäufern.

Hier trifft er sich mit dem recht rätselhaften Versprechen Jesu an den Wasserspender oder Wasserverkäufer im Orient.
„Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen" (Mk 9, 41).
Jesus weiß, wie wohltuend nach einer mühevollen Wanderung unter glühender Sonne ein Schluck Wasser sein kann und wie dankbar man dafür ist. Dann ist es gleich, ob der Wasserspender  Jude, Araber, Moslem oder Christ ist, ob Mann oder Frau.
Es erinnert an die Begegnung Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen, als er sie bittet: „Gib mir zu trinken!" (Joh 4, 7). Der Durst kennt keine Grenzen, auch nicht im Leben Jesu. Sonst würde man die Echtheit seiner Menschheit leugnen. Jesus schenkt der fremden Frau den Lohn seines Verstehens und seiner Nähe. Es geht ihr eine neue Welt auf. Sie, die mit ihrem Vorleben und mit ihrem Ruf den letzten Platz im Dorf eingenommen hatte, wird zur Verkünderin der Freude.

Die bedingungslose Zuwendung Jesu den Letzten im Dorf und in der Gesellschaft gegenüber lässt uns die scharfen, sogar erschreckenden Worte eher verstehen. „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt...".
Zu den Kleinen gehören die Wasserspender, auch wenn es Tränen sind wie bei der Frau beim Gastmahl.
Für ihn ist jeder und jede dieser Kleinen eine unschätzbare, durch nichts aufzuwiegende Kostbarkeit. Der Gedanke, man könnte sich an ihnen versündigen, erfasst ihn mit einem grenzenlosen Zorn. So kommen Worte aus dem Munde Jesu, die nicht nach Süße und Milde klingen. Er gebraucht sogar grausame Bilder, um die Tragweite solcher Handlungen herauszustellen. Wer die Kostbarkeit der Kleinen zerstört, zieht ein Schicksal auf sich, das schlimmer ist, als ersäuft zu werden. Jesus nimmt wohl Bezug auf die Todesstrafe des Ertränkens, die es im Altertum im Orient und in Rom wie im Mittelalter in Europa gab. Unter Mühlstein dürfen wir uns eine Handmühle in der Form eines Mörsers vorstellen, der das Gewicht hatte, einen Menschen in die Tiefe zu ziehen.
Die folgenden Sätze vom Abhacken der Hand und des Fußes und vom Ausreißen eines Auges (Mk 9, 43-45) wollen den Ernst der Warnung noch verstärken. Sie könnte umschrieben so lauten: Eher das Allerliebste verlieren - das, was mir so nahe ist wie mein eigenes Auge, meine eigene Hand, mein eigener Fuß - als ein Schicksal erleiden, das einem Verführer droht.

Um im Geiste Jesu zu denken und zu handeln, sind nicht nur guter Wille und Begeisterung für die eigene Sache erforderlich. Entscheidend ist, ob der Eifer auch erleuchtet ist: ob er selbstkritisch hinterfragt wird; ob man eigene Zweifel und die Sicht von außen zulassen kann; ob man darauf achtet, was dort an Gutem geschieht. So erweitern wir unseren Horizont. Wenn wir Neues und Ungewohntes auf uns wirken lassen, werden wir auch dem Geist nahe kommen, der weht, wo er will (Joh 3, 8)

 

Glaubensbekenntnis, S. 374 ff.

Fürbitten vgl. S. 805 ff.

ZUR EUCHARISTIEFEIER Der Glaube an Jesus ist Herausforderung und verlangt Konsequenzen. Falsche Rücksicht auf eigene oder fremde Bedürfnisse und Ansprüche hat keinen Platz für den, der sich für Jesus Christus entschieden hat. Die Kraft zur Konsequenz in der Nachfolge aber kommt nicht aus uns, sondern ist sein Geschenk.
Gabengebet

Barmherziger Gott,
nimm unsere Gaben an
und öffne uns in dieser Feier
die Quelle, aus der aller Segen strömt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Präfation, S. 427 ff.
KommunionversPs 119 (118), 49-50

Herr, denk an das Wort für deinen Knecht,
durch das du mir Hoffnung gabst!
Sie ist mein Trost im Elend.

Oder:Vgl. 1 Joh 3, 16

Die Liebe Gottes haben wir daran erkannt,
dass Christus sein Leben für uns gegeben hat.
So müssen auch wir das Leben hingeben für die Brüder.
Schlussgebet

Allmächtiger Gott,
in der Feier der Eucharistie
haben wir den Tod des Herrn verkündet.
Dieses Sakrament stärke uns an Leib und Seele
und mache uns bereit, mit Christus zu leiden,
damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit gelangen,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

FÜR DEN TAG UND DIE WOCHE

Du, der über uns ist,
Du, der einer von uns ist,
Du, der ist - auch in uns;
dass alle dich sehen - auch in mir,
dass ich den Weg bereite für dich,
dass ich danke für alles, was mir widerfuhr.
Dass ich dabei nicht vergesse der anderen Not.
Behalte mich in deiner Liebe,
so wie du willst, dass andere bleiben in der meinen.
Möchte sich alles in diesem meinem Wesen zu deiner Ehre wenden,
und möchte ich nie verzweifeln.
Denn ich bin in deiner Hand und alle Kraft und Güte sind in dir.
Gib mir einen reinen Sinn - dass ich dich erblicke,
einen demütigen Sinn - dass ich dich höre,
einen liebenden Sinn - dass ich dir diene,
einen gläubigen Sinn - dass ich in dir bleibe.
(Dag Hammarskjöld)